Die EU verpflichtet die Mitgliedstaaten, endlich ihre Wälder zu retten
– Pressemitteilung von MEP Anna Deparnay-Grunenberg zur heute anstehenden Endabstimmung des EU Parlaments zu LULUCF (Land Use, Land Use Change and Forestry)
Straßburg, 14.03.2023
Das EU-Parlament hat gerade eine Verordnung verabschiedet, die regelt, wie viel CO2 von Wäldern, Feuchtgebieten und landwirtschaftlichen Flächen gespeichert werden soll. Die so genannte LULUCF-Verordnung sieht für die Mitglieder der Europäischen Union vor, diese Ökosysteme so zu bewirtschaften, dass sie der Atmosphäre im Jahr 2030 insgesamt 310 Millionen Tonnen CO2 entziehen. Zum ersten Mal sollen dabei auch verbindliche Ziele für jedes Mitgliedsland festgelegt werden. Die europäischen Wälder spielen als CO2-Senken eine zentrale Rolle.
Die Forstwissenschaftlerin und EU-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg (B90/Grüne) spricht von einem Weckruf für die europäische Waldwirtschaft: „2030 ist sehr bald. Diese Ziele sind nur erreichbar, wenn Europa seine Forstwirtschaften konsequent auf den Klimaschutz umstellt. Die Verordnung zwingt die Mitgliedstaaten, endlich ihre Wälder zu retten.” Allein zwischen 2013 und 2019 ist die Senkenfunktion des LULUCF-Sektors in der EU um ein Fünftel zurückgegangen. Insbesondere Abholzung, Borkenkäfer und Waldbrände trugen und tragen dazu bei, dass der Wald immer weniger Treibhausgase bindet.
„Wenn wir so weiter machen, werden in noch mehr Ländern die Wälder sogar zu CO2-Emittenten, wie es bereits in Estland geschehen ist”, so die Abgeordnete. In weiten Teilen der baltischen Staaten, Skandinaviens und Frankreichs gleiche Forstwirtschaft zunehmend einer Plantagenwirtschaft. “Es ist verheerend, dass dort immer noch Waldbesitzende mit großen Erntemaschinen alle 70 bis 80 Jahre komplett alles abrasieren. Nach so einem Kahlschlag ist nicht nur der Wald weg, sondern auch der Boden tot, samt allem, was drin lebte.“ Die Alternative sei nicht, wie die Forstwirtschaft befürchtet, große Teile der Wälder stillzulegen, sondern eine komplett andere, nachhaltigere, klimaangepasste und naturnahe Form von Bewirtschaftung.
Dazu gehöre, bei der Ernte schonend Gassen anzulegen und Seilwinden einzusetzen, das heißt derart behutsam zu fällen, dass das Kronendach des Waldes stets geschlossen bleibe und der Waldboden feucht. Zudem müsse man die Binsenweisheit beherzigen, Mischwälder mit standortangepassten Bäumen zu pflanzen, statt immer neue Monokulturen anzulegen, wie es gerade in Frankreich trotz aller Warnrufe der Wissenschaft geschehe. Dort setzt man insbesondere auf die nordamerikanische Douglasie, ein Nadelbaum, der noch schneller wächst als die Fichte. „Die haben zwar noch keine Schädlinge, aber es ist ein enormes Risiko, nur auf eine Baumart zu setzten, die nächste Katastrophe ist da programmiert.”
Anna Deparnay-Grunenberg setzt sich schon seit Jahren auf europäischer Ebene für den Waldschutz ein, insbesondere engagiert sie sich gegen legale und illegale Kahlschläge. Mit einer Delegation des Europäischen Parlaments wird sie im Mai nach Rumänien reisen, um zu beraten, wie die Holzmafia dort zu stoppen ist. Ziel ist es, die einzigarten Ur- und Altwälder in den Karpaten zu retten, welche besonders artenreich und widerstandsfähig sind und große Mengen Kohlenstoff speichern.
Hintergrund:
- Das EU-Parlament stimmt heute über die Novellierung der so genannten LULUCF-Verordnung Die Abkürzung steht für Land Use, Land Use Change and Forestry, zu Deutsch Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Das Parlament hat sich in Verhandlungen bereits mit dem Rat und der Kommission abgestimmt, jetzt fehlt nur noch die endgültige Zustimmung des Rats, die als Formalie gilt.
- Die LULUCF-Verordnung ist Teil des „Fit for 55“-Pakets der EU zur Klimarettung. Außer Wäldern und Feldern gehören auch Moore und Biomasse generell zu den als Senken identifizierten Bereichen.
- Um die Verordnung umzusetzen, ist es enorm wichtig, die Waldflächen nach einem einheitlichen Verfahren zu monitoren. Die Methoden zu Waldinventuren sind bislang in jedem Mitgliedstaat unterschiedlich. Die EU-Kommission wird dazu voraussichtlich noch dieses Jahr ein entsprechendes Waldmonitoring-Gesetz vorschlagen.
Waldschutz ist Klimaschutz!