Erneuerbar ist nicht gleich Erneuerbar. Holzverfeuerung ist nicht gleich Holzverfeuerung.
Am 30. März 2023 erreichten EU-Parlament, Rat und Kommission eine Einigung zur Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III). Das neue Ziel von 45 Prozent erneuerbarer Energie ist ein wichtiger Meilenstein. Aber ein Risiko bleibt bestehen: Die Erneuerbaren-Ziele könnten auf die Kosten unserer Wälder gehen.
Denn weiterhin gilt die Holzverbrennung, egal aus welcher Forstwirtschaft, als erneuerbare Energiequelle für die Stromerzeugung. Eine Definition von „primärer Holzbiomasse“ wurde verworfen, sodass Holz als erneuerbare Energieform über 2030 hinaus im Grundsatz förderfähig bleibt. Das heißt, es wird subventioniert, dass Biomasse aus Wäldern weiter verfeuert wird.
Es ist unbestritten, dass Wälder als Erneuerbare gelten, das ist richtig und wichtig. Dennoch sind sie nicht 1:1 gleichzusetzen mit anderen Erneuerbaren, denn
- Wälder sind heute nicht unendlich zur Verfügung; sie wachsen langsamer nach als der bisherige Rhythmus der Abholzung,
- Wälder müssen richtig bewirtschaftet werden; es bedarf an resilienteren Mischwaldkulturen, Pflege, Aufforstung, richtiger Abholzung.
- Wälder haben eine enorme Wichtigkeit als CO2-Senken im Klimawandel sowie für die Artenvielfalt unserer Planeten.
Die Waldbewirtschaftung sowie Abholzung zur Stromerzeugung muss strenger reguliert werden, um die bestehenden Schlupflöcher zu schließen. Denn klar ist, auch bei der Holzverbrennung und ihrer Klimawirkung gibt es deutliche Unterschiede: nicht nur, ob zur Strom- oder Wärmeproduktion, sondern auch ob die Abholzung und Energiegewinnung im großen oder kleinen Ausmaß passiert.
Wenn wir weiterhin zulassen, dass Frischholz zur Energiegewinnung genutzt wird und unsere eigenen Nachhaltigkeitskriterien nicht anwenden, wäre das kein gutes Zeichen weder für unsere Wälder, noch für die Wälder weltweit.
Die Großindustrielle Holzverbrennung für die Stromerzeugung zerstört unsere Wälder.
Die neue Richtlinie REDIII stuft die Holzverbrennung zur reinen Stromgewinnung weiterhin als “nachhaltig förderfähig” ein (so sieht es die Trilog-Einigung vom 30.3.23 vor). Tatsächlich kommt 37% der Bioenergie aus primären Quellen (JRC Report: The use of woody biomass for energy production in the EU von 2021). Das heißt konkret, dass Primärholz, also frisch aus dem Wald entnommenes Holz für die Energiegewinnung verfeuert wird. Die Großindustrielle Verbrennung von Primärholz, das oft Monokulturen entstammt, ist klima- und energietechnisch ineffizient. Sie ist nicht im Sinne der Kaskadennutzung und ist auch problematisch für den Wald, denn den Wäldern werden regelrecht die Nährstoffe entzogen, wenn alles mitgenommen wird. Die Verbrennung kann unter Umständen sogar mehr CO2 emittieren als die bisher betriebenen Kohlekraftwerke (Euractiv).
Außerdem besteht das Risiko, dass die Kohlekraftwerke nach dem beschlossenen Kohleausstieg einfach auf Holzenergie umgerüstet werden. Es ist kritisch die großflächige Primärholzverfeuerung zur Stromproduktion dann auch noch mit öffentlichen Geldern zu subventionieren. Unter Umständen ganze Wälder für die Stromversorgung kahl zu schlagen, wie es beispielsweise in Schweden der Fall ist, wird die Klimakrise nur noch weiter ankurbeln. Dabei wäre es an der Zeit gewesen, hier nachzuschärfen und die Schlupflöcher mit der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) zu schließen.
Denn wir verfügen über zahlreiche Alternativen, die wirklich nachhaltig und erneuerbar sind. Dazu gehören beispielsweise Solar- oder Windkraft.
Es geht nicht darum, die Nutzung der Ressource Holz als wichtigen Energieträger und die Entnahme von Holz komplett zu verbieten. Um die Ressource Holz nachhaltig und klimafreundlich zu nutzen, kommt es auf den Einsatz und das Ausmaß an. Es gibt Möglichkeiten sinnvoll damit umzugehen und Primärholz dort zu verwenden, wo sie in kleinem Maße und energietechnisch effizient genutzt werden kann. Vor allem die Nutzung nach Kaskadenprinzip und als Recyclingprodukt bietet Chancen, die Kreislaufwirtschaft für die Ressource Holz deutlich zu verbessern und so auch mehr Bäume stehen zu lassen. Das ist besser fürs Klima und für die biologische Vielfalt unserer Wälder und der dortigen Lebewesen.
Holzpellets für die Wärmeerzeugung – Wir brauchen klare Definitionen, was nachhaltig ist.
Für die lokale Wärmegewinnung gibt es heute klimaverträgliche Möglichkeiten, um Holz, Holzpellets bzw. Holzscheiten zu nutzen. Die Wärmeerzeugung in privaten Haushalten beispielsweise steht in der Regel mit den Klimazielen in Einklang und ist im Vergleich zu fossilen Energieträgern eindeutig nachhaltiger! Eine Förderung von regional gewonnenen für die private Pelletheizung ist sinnvoll und vollkommen zurecht Bestandteil der “Richtlinie für Erneuerbare Energien”. Geht es wiederrum um die Wärmeerzeugung mit Holzpellets in großem Maße und auch noch aus Primärholz, reduziert das seine Klimaverträglichkeit und sollte deshalb nicht von Geldern der öffentlichen Hand gefördert werden. Hier geht es darum, das richtige Maß zu finden und die überdimensionale Massenverfeuerung nicht mit Subventionen anzukurbeln.
Wie können wir sicherstellen, dass unsere Wälder nicht einfach großflächig verfeuert werden?
- Klare Definitionen: Es braucht strengere Kriterien welche Art von Holnutzung nachhaltig ist, u.a. Kriterien und Indikatoren der “Regionalität”, “Restholz” und „nachhaltige Forstwirtschaft”. Wenn wir einfach nur fördern, ohne diese Begriffe genauer zu definieren und Kriterien/Indikatoren zu festzulegen, öffnen wir Tür und Tor zur Waldzerstörung.
- EU-Förderungen im Einklang mit dem Green Deal: Basierend auf den Nachhaltigkeitskriterien muss sichergestellt sein, dass die öffentliche Hand nicht in die großflächige industrielle Holz-Stromproduktion subventioniert; sondern im Gegenteil die Holzwirtschaft fördert, die mit dem Green Deal in Einklang steht.
- Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Bei EU-Richtlinien und Förderungen, muss klar sein, wer die Verantwortung trägt und welche Kontrollmechanismen vorgesehen sind.
- Illegale Abholzung stoppen: Strengeres Vorgehen und konsequentes Durchsetzen des EU-Rechts zur Unterbindung von illegaler Rodung. Hier ist die EU-Kommission bspw. Im Fall Rumäniens im Nachholbedarf.
- Kahlschlag-Verbot in Europa: Ein Kahlschlag-Verbot, würde dazu beitragen die großflächige umwelt- und klimaschädliche Abholzung von Wäldern zu unterbinden.
Weiterführendes:
2.3.23: SZ: Abholzung: Wie die Pellet-Produktion Wäldern schadet
23.3.23: Zu Gast bei Markus Lanz: Marcus Engert, Journalist, Der Investigativreporter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und SZ berichtet über seine brisanten Erkenntnisse zum illegalen Holzhandel innerhalb der EU.
12.10.22: Studie zur Ökologischen Forstwirtschaft
2.3.22: Studie zur Regulierung von Kahlschlägen
6.5.21: Artikel der Forstwissenschaftlerin Anna Deparnay-Grunenberg, MdEP 2021: Industrielle Verbrennung von Holz ist kein Klimaschutz!