Pressemitteilung zur Bilanz der EU-Kommission – Straßburg, 13. März 2024
Morgen steht das Thema Tierschutz auf der Parlaments-Agenda – und damit die erschütternde Bilanz der EU-Kommission. Vier Gesetze zum Wohl landwirtschaftlich genutzter Tiere hatte die Kommission für die zu Ende gehende Legislatur versprochen, nur eins davon legte sie vor. Die EU-Abgeordnete und Tierschützerin Anna Deparnay-Grunenberg zieht entsprechend Bilanz:
„Das waren fünf verschenkte Jahre für den Tierschutz. Noch immer werden so genannte landwirtschaftlich genutzte Tiere in winzigen Käfigen gehalten, einer Legehenne steht etwa kaum mehr Platz zu als die Fläche eines DinA4-Blatts. Dabei hatte eine Bürgerinitiative eigens 1,4 Millionen Unterschriften gesammelt, um das 'Cage Age' per Gesetz zu beendigen. Doch die Kommission blieb den entsprechenden Vorschlag schuldig.
Damit ignoriert sie einen Herzenswunsch der EU-Bürger*innen. Neunzig Prozent möchten bessere Bedingungen für Tiere in der Landwirtschaft, immer mehr Menschen interessieren sich für das Leid hinter dem Fleisch in der Kühltheke. Und was macht die Kommission? Im Wesentlichen: nichts. So warten wir noch immer auf das Gesetz, das die Kennzeichnung von Lebensmitteln in Sachen Tierwohl regeln soll. Lediglich bei Eiern gibt es ein verlässliches Label. Auch das Gesetz zum Tierwohl bei der Schlachtung steht noch aus.
Allein das versprochene Gesetz zu Tiertransporten liegt uns vor, welches ich als Berichterstatterin im Verkehrsausschuss begleite. Allerdings kam es so spät, dass wir uns diese Legislatur darüber nur noch austauschen können, aber nichts mehr Substanzielles entscheiden.
Ich kämpfe dafür, dass es nach der Europawahl mit dem Tierwohl endlich weiter voran geht, in der EU und damit auch in den Mitgliedsländern. Denn es ist natürlich begrüßenswert, dass ab Mitte nächsten Jahres bundesdeutsches Schweinefleisch ein Tierwohlkennzeichnung trägt. Allerdings profitieren davon auch skrupellose Konkurrenten aus dem EU-Ausland, deren Exportwaren davon nicht betroffen sind.”
Wer mehr über Gesetzeslücken und -vorhaben auf EU und Bundesebene wissen möchte: Die Bundestagsabgeordnete Zoe Mayer und die EU-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg laden am 27. März, 9.30 Uhr auf Zoom zum Tierschutz-Pressegespräch, Einladung folgt.
Hintergrund
· In einer Pressemitteilung der Kommission (https://food.ec.europa.eu/animals/animal-welfare_en) vom vergangenen Dezember findet sich kein Wort zu den ausgebliebenen Gesetzesvorschlägen. Auch auf eine schriftliche Anfrage (https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2023-003324_EN.html) antwortete die Kommission nur mit fadenscheinigen Argumenten. Wir haben nicht lockergelassen und konfrontieren die Kommission morgen erneut mit den fehlenden Vorschlägen.
· Einer neuen Studie der Europäischen Verbraucherorganisation BEUC zufolge sind sieben von zehn Verbrauchern bereit, mehr für Lebensmittel zu zahlen, die nach höheren Tierschutzstandards produziert werden. Von diesen Verbraucher*innen würde die Hälfte bis zu fünf Prozent mehr zahlen, ein Drittel sind bereit, bis zu zehn Prozent mehr hinzulegen. Zwölf Prozent würden bis zu 20 Prozent mehr berappen und acht Prozent würden sogar mehr als 20 Prozent mehr zahlen. Gleichzeitig sagen etwa 17 Prozent, dass sie derzeit ernsthafte Schwierigkeiten haben, die Kosten für Fleisch zu bewältigen.
· Tierschutz ist grün: Die Nichtregierungsorganisation „Compassion in World Farming” hat das Stimmverhalten der EU-Abgeordneten zu Fragen der Haltung landwirtschaftlich genutzter Tiere seit Beginn dieser Wahlperiode in 2019 analysiert. Dafür haben sie die 16 wichtigen Abstimmungen des Europäischen Parlaments ausgewertet, die auf die Verbesserung des Wohlergehens dieser Tiere abzielen. https://www.ciwf.eu/media/7455227/ciwf-october-2023-eu-votes-for-farmed-animals.pdf
CDU/CSU-Fraktion und AFD-Lager stimmten in den meisten Fällen gegen Maßnahmen, die das Wohlergehen der Tiere verbessert hätten. Die Grünen befürworteten dagegen fast alle entsprechenden Vorschläge.
· In der EU verbringen laut „Compassion in World Farming” jedes Jahr 300 Millionen landwirtschaftlich genutzte Tiere ihr Leben ganz oder teilweise in Käfigen oder Ställen, was großes Leid verursacht. Ausgewachsene weibliche Schweine müssen fast die Hälfte des Jahres in Boxen verbringen, in denen sie sich nicht einmal umdrehen können.
· Vergangen Herbst organsierten neun Abgeordnete der Grünen/EFA die Greens4animals-Konferenz. Dort diskutierten sie auch über Notwendigkeit, die EU-Tierschutzgesetzgebung zu überarbeiten. Hier der Link zur Aufzeichnung https://www.youtube.com/watch?v=1Pid_Ods_JE