Brüssel, 13. Oktober 2023
CDU/CSU-Fraktion und AFD-Lager haben im EU-Parlament in den meisten Fällen gegen Maßnahmen gestimmt, die das Wohlergehen von landwirtschaftlich genutzten Tieren verbessert hätten. Die Grünen befürworteten dagegen fast alle entsprechenden Vorschläge. Dies zeigt eine heute veröffentlichte Analyse der NGO „Compassion in World Farming” (siehe Grafik übernächster Absatz). Die grüne EU-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg kommentiert die Auswertung des Wahlverhaltens: „Wir sind damit die Partei, die genau das tut, was die große Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen von uns Politiker*innen erwartet, nämlich den Schutz von Tieren zu stärken. Umfragen zeigen, dass sich 90 Prozent der Menschen bessere Bedingungen für landwirtschaftlich genutzte Tiere wünschen und fast ebenso viele auch entsprechende EU-Gesetze. Zu gerne würden wir nun Millionen von Schweinen, Hühnern, Hasen endlich aus den Käfigen befreien, aber auch das scheitert gerade an der Blockade der Konservativen.”
Die grüne Bundestagsabgeordnete und Berichterstatterin für Tierschutz Zoe Mayer bekräftigt die Rolle der EU: „Tierschutz ist eine gesamteuropäische Aufgabe. Wir können auf Bundesebene bessere Haltungsbedingungen erwirken. Bei gleichbleibender Nachfrage werden dann aber vermehrt tierische Produkte aus dem europäischen Ausland importiert. Vielen Tieren ist so nicht geholfen. Deshalb kann effektiver Tierschutz nur funktionieren, wenn auch die Europäische Union mitzieht. Umso bitterer ist es, dass rechtskonservative Bündnisse verhindern, was die Moral, der Verstand und der Wille der Bürger*innen gebieten.“
So wird die Europäische Kommission anders als angekündigt diese Legislaturperiode drei von vier wichtigen Tierschutzgesetzen nicht mehr überarbeiten. „Compassion in World Farming” macht Massentierhaltungslobbys und eine unheilige Allianz aus konservativen und rechten Parteien dafür verantwortlich, „die bisher weltweit umfassendste Reform des Tierschutzes in der Landwirtschaft” zu vereiteln. Olga Kikou, Leiterin des EU-Büros von „Compassion in World Farming”: „Die Agrarlobby hat es geschafft, bestimmte politische Gruppen davon zu überzeugen, sich vor den Europawahlen 2024 als Vertreter der Landwirte zu präsentieren.“ Millionen von Bürgerinnen und Bürgern erwarteten vorerst vergeblich „die größte Tierschutzrevolution der Welt”.
Hintergrund
· Die Nichtregierungsorganisation „Compassion in World Farming” hat das Stimmverhalten der EU-Abgeordneten zu Fragen der Haltung landwirtschaftlich genutzter Tiere seit Beginn dieser Wahlperiode in 2019 analysiert. Dafür haben sie die 16 wichtige Abstimmungen des Europäischen Parlaments ausgewertet, die auf die Verbesserung des Wohlergehens dieser Tiere abzielen. https://www.ciwf.eu/media/7455227/ciwf-october-2023-eu-votes-for-farmed-animals.pdf
· Eigentlich wollte die EU-Kommission noch dieses Jahr die gesamte Gesetzgebung für den Schutz landwirtschaftlich genutzter Tiere reformieren. Erwartet wurde unter anderem ein Gesetzesvorschlag zum Verbot der Käfighaltung als Reaktion auf die europäische Bürgerinitiative „End the Cage Age”, die 1,4 Millionen Unterschriften gesammelt hat. https://www.endthecageage.eu/en/
· Einer offiziellen Erhebung der EU-Kommission zufolge halten es neun von zehn Befragten in der EU für wichtig, das Wohlergehen von Nutztieren zu schützen (94 Prozent). Zudem sind sie mehrheitlich der Meinung, dass es eine europäische Rechtsvorschrift geben sollte, die Nutztierhalter dazu verpflichtet, sich darum zu kümmern. Mehr als ein Drittel der Befragten (35 Prozent) ist bereit, bis zu fünf Prozent mehr für tierfreundlichere Produkte zu zahlen, während nur eine kleine Minderheit (drei Prozent) bereit ist, mehr als 20 Prozent zu zahlen. https://europa.eu/eurobarometer/surveys/browse/all/series/29715
· In der EU verbringen laut „Compassion in World Farming” jedes Jahr 300 Millionen landwirtschaftlich genutzte Tiere ihr Leben ganz oder teilweise in Käfigen oder Ställen, was großes Leid verursacht. Legehennen und Kaninchen beispielsweise leben auf der Fläche in der Größe eines DinA4-Blatts. Ausgewachsene weibliche Schweine müssen fast die Hälfte jedes Jahres in Boxen verbringen, in denen sie sich nicht einmal umdrehen können.