Grüne EU-Taxonomie: Frankreichs Vorstoß und Deutschlands Passivität könnten Investitionen in die Energiewende und somit den Green Deal gefährden. Anna Deparnay-Grunenberg deutsch-französische Europaabgeordnete der Grünen warnt vor langfristigen Auswirkungen für die deutsch-französische Zusammenarbeit in Europa
„Macron stellt sich in Frankreich immer als Muster-Europäer dar“, erinnert die Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg, „auf EU-Ebene versucht er schlicht seine nationalen Interessen durchzusetzen. Jetzt will er “nachhaltige” EU-Gelder für Atomkraft ergattern, ohne Rücksicht auf die so wichtigen deutsch-französischen Beziehungen zu nehmen”
Die Europäische Kommission könnte tatsächlich gegen jede Vernunft Atom und fossiles Gas Anfang Dezember als „nachhaltige“ Energieträger einstufen, darauf deutet der interne Leak ´zur Taxonomie-Verordnung hin. “Inmitten des französischen Präsidentschafts-wahlkampfes präsentiert Macron die Atomkraft als Scheinlösung für den Klimaschutz. Die Folgen dieser Entscheidung für die Umwelt und die Energiewende wären verheerend!“, warnt Deparnay-Grunenberg.
Die deutsch-französische Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg für B90/Die Grünen, die sich für den ökologischen Wandel und den Schutz der Biodiversität einsetzt, äußert sich besorgt:
“Mit diesem Manöver wird Macron der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Europa langfristig schaden.” Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sowie die jetzt verhandelnden Partei einer künftigen Ampel-Koalition sind deutlich in ihrer Ablehnung der Atomkraft als ökologische Lösung oder Übergangslösung. Trotzdem hat noch-Kanzlerin Merkel beim letzten Europäischen Rat mit Stillschweigen diese neue Entwicklung der “Green Taxonomy” nicht verhindert sondern laufen lassen. Beginn Dezember soll der offizielle Vorschlag der EU-Kommission veröffentlicht werden. Der französische Vorstoß ist keine gute Startposition für den deutsch-französischen Tandem in der EU, der gerade jetzt in diesen schwierigen Pandemiezeiten in Klima-, Migrations- und Energiekrise so dringend gebraucht wird.
„Wenn man bedenkt, dass die EDF (frz. staatlicher Stromlieferant) hoch verschuldet ist, ist es wirklich fragwürdig, dass Macron auf europäischer Ebene versucht, „grüne“ Fonds in die Atomkraft zu locken. Ironischerweise ist die Kernenergie wiederum aus dem französische Green Finance Label (GreenFin) ausgeschlossen. Könnte es sein, dass Macron hier versucht seine finanziellen Lücken durch internationales Kapital zu füllen?
Denn die in Frankreich 56 betriebenen Reaktoren sind heftig unterfinanziert und trotzdem kündigt Macron an, weitere AKWs bauen zu lassen. Er könnte in der rechtsextremen Marine Le Pen eine Verbündete gefunden haben, die nun fordert, dass der Rückbau vom AKW Fessenheim, nahe der deutsch-französischen Grenze, vorübergehend gestoppt wird.
Der Druck wird größer: Österreichs Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler sei bereit, vor Gericht zu ziehen, sollte die Atomkraft in die EU-Taxonomie aufgenommen werden.
Atomkraft ist in Deutschland und auf EU-Ebene aktuell in aller Munde und wird heftig diskutiert. “Was bitter fehlt, ist eine offene Anti-Atom Debatte in Frankreich! Die Menschen werden von der Pro-Kernkraft-Welle mitgerissen, ohne wirklich die Risiken und enormen Kosten – wirtschaftlich, sozial und für die Umwelt zu reflektieren. Auch die Auswirkungen auf die Deutsch-Französische Freundschaft und dessen Folge für Europa wird nicht diskutiert. Das ist bedauernswert, denn eine solch wichtige Entscheidung darf nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden, ohne dass die Argumente auf dem Tisch liegen.”