Über die Antriebswende in Deutschland und Europa, Verbesserungspotential für den Schienenverkehr und dem Weg zu einer progressiven Verkehrspolitik.
- In Deutschland waren im Jahr 2021 etwa 48 Millionen Personenkraftwagen zugelassen. Waren davon im Januar noch etwa 310.000 E-Fahrzeuge (0,65 %), so waren es im Oktober bereits etwa 520.000 (1,1 %).
- Im November 2021 war das erste Mal mehr als jeder fünfte neuzugelassene PKW (> 20 %) mit einem reinen Elektroantrieb ausgestattet. Nur noch knapp die Hälfte aller PKW waren ausschließlich mit einem Benzin. oder Dieselmotor ausgestattet.
- Die neue Ampel Regierung verpflichtet sich im Koalitionsvertrag Mehr Fortschritt wagen bis ins Jahr 2030 dreiviertel des Schienennetzes zu elektrifizieren und innovative Antriebstechnologien zu unterstützen. Auch der Aufbau eines grenzüberschreitenden Nachtzugnetzes ist dort explizit festgeschrieben.
Antriebswende nimmt Fahrt auf
Europa legt vor, Deutschland zieht nach und legt noch einen drauf. Mit dem Klimamaßnahmenpaket “Fit for 55” hatte die Kommission die Richtung für das Aus vom Verbrennungsmotor bereits vorgegeben. An dieser Stelle muss man die Kommission loben: Mit diesen Maßnahmenpaket wurde sich endlich grundsätzlich Gedanken gemacht, wie die gesetzten Klimaziele in der EU erreicht werden können. Insbesondere Deutschland blieb hier lange eine Antworten schuldig. Mit dem Koalitionsvertrag ist der Anfang nun auch für Deutschland getan.
Im Vertrag hat sich die Ampel dazu bekannt, noch vor dem geplanten EU-weiten Ausstieg im Jahr 2035 aus dem Verbrennungsmotor auszusteigen. Auf diese Weise soll sich Deutschland zum Leitmarkt der Elektromobilität entwickeln: Das Ziel sind mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkws bis 2030. Um dies zu erreichen, ist eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur unabdingbar! Deswegen gilt es progressiv, verbrauchergerecht und fordernd an der aktuellen Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) zu arbeiten, bei der ich als Schattenberichterstatterin für die Grünen im Verkehrsausschuss fungiere.
Priorisierung der Schiene – bei der Verkehrswende ist dennoch noch viel Luft nach oben
Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen, brauchen wir aber beides: Die Dekarbonisierung vom Straßenverkehr und eine Verlagerung auf nachhaltige Verkehrsträger wie die Schiene. Ohne eine Verkehrsverlagerung auf die umweltfreundliche Schiene können wir die Klimaziele nicht erreichen. Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Priorisierung der Schiene vor der Straße bei den Investitionsmitteln ist dafür ein wichtiger Baustein. Ebenso wird die geplante gemeinwohlorientierte Ausrichtung der Bahninfrastruktur behilflich sein, die Schiene zu stärken. Gewinne sollen künftig ins Netz reinvestiert werden. Zusätzliche Kapazitäten für Wachstum und eine bessere Resilienz des Netzes können so geschaffen werden.
Es freut mich ebenso sehr, dass im Vertrag festgehalten wurde, den grenzüberschreitenden Bahnverkehr zu stärken – insbesondere mit dem Aufbau eines europäischen Nachtzugnetzes. Deutschland nimmt alleine durch seine geographische Lage in Europa hier eine entscheidende Rolle ein. Österreich macht uns vor, was in Sachen Nachtzug geht!
Ich werde mich auch dafür einsetzen, dass von dieser “Stärkung des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs” die vielen vermeintlichen kleinen “Missing Links” zu unseren Nachbarn profitieren werden. Es gibt zahlreiche, vermeintlich “kleine” Lücken im grenzüberschreitende Bahnnetz, abseits der prestigeträchtigen Großprojekte im Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V Netz). Häufig fehlen nur wenige Kilometer Gleisinfrastruktur oder eine grenzüberschreitende Abstimmung des Betriebs, um die Bahn als eine Alternative zum Auto zu etablieren.
Hoffnung für eine progressivere Verkehrspolitik in Europa
In Brüssel setze ich auch darauf, dass die Ampel sich künftig für eine progressivere Verkehrspolitik einsetzt. Deutschland hat sich in der Vergangenheit in erster Linie als Bremser profiliert. Der unterbrochene Finanzierungskreislauf zu Gunsten der Straße stimmt mich optimistisch, dass ein Umdenken gelingt. Die Mehreinnahmen durch die geplante Ausweitung der Lkw-Maut dürfen künftig verkehrsträgerübergreifend verwendet werden. Dies wäre unter der letzten Regierung undenkbar gewesen und eröffnet viele neue Möglichkeiten!
Weiterführende Links:
Missing Links: https://anna.deparnay-grunenberg.eu/2021/07/16/grenzueberschreitender-bahnverkehr-mind-the-gap/
Fit for 55: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/klimapaket-eu-101.htm
Europäisches Klimapaket: https://www.greens-efa.eu/de/artikel/press/climate-package-offers-lift-off-for-climate-protection