Auf der Tagesordnung des EU-Verkehrsministertreffen am Donnerstag fehlt wieder einmal die Reform der Wegekostenrichtlinie (auch Eurovignette genannt). Es drängt sich der Eindruck auf, dass die deutsche Ratspräsidentschaft unter Bundesverkehrsminister Scheuer die Verhandlungen verschleppt.
Das Europäische Parlament hatte seine Verhandlungsposition bereits 2018 festgelegt. Die Überarbeitung der Richtlinie ist von zentraler Bedeutung, um den Straßenverkehr zu dekarbonisieren und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
Anna Deparnay-Grunenberg, Schattenberichterstatterin für die Grünen/EFA-Fraktion im Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Die Reform der Wegekostenrichtlinie ist ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende in Europa, um einen einheitlichen Rahmen für sozial gerechte und ökologische Mautsysteme in den Mitgliedsstaaten zu schaffen. Wir wollen den Straßenverkehr gemäß dem Verursacherprinzip stärker an den externen Kosten beteiligen, welche die Gesellschaft in Form von CO2-Emissionen, Luftverschmutzung, Lärm oder Unfällen trägt. Mautsysteme sollen nicht wie bisher durch eine zeitbasierte Vignette im Sinne von „all-you-can-drive“, sondern streckenbasiert abhängig von der tatsächlichen Straßennutzung und den Fahrzeugemissionen ausgestaltet werden. Wer mehr fährt, verursacht auch mehr Emissionen. Mit der Reform wollen wir Anreize zum Umstieg auf alternative Kraftstoffe bzw. auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel wie die Bahn schaffen.
Leider kann sich der Rat nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Auch die deutsche Bundesregierung hat durch ihren Schlingerkurs eine Einigung ausgebremst, wodurch wir im Kampf gegen den Klimawandel wertvolle Zeit verlieren. Die Gesellschaft zahlt die Zeche. Wir fordern Bundesminister Scheuer auf, seinen Vorsitz des Verkehrsministerrats zu nutzen, um zügig eine Einigung im Rat herbeizuführen.“
Hintergrund
Der Vorschlag der EU- Kommission zur Reform der Wegekostenrichtlinie 1999/62/EG zielt darauf ab, Mautsysteme der Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen und die Infrastruktur- und externen Kosten im Verkehr gerechter zu verteilen. Der Anwendungsbereich soll von schweren Nutzfahrzeugen auch auf leichte Nutzfahrzeuge, Busse und PKWs ausgeweitet werden. Die Bemautung soll sich zukünftig an der gefahrenen Strecke sowie den Fahrzeugemissionen orientieren. Das EU-Parlament möchte zudem, dass eine Bemautung von PKWs die sozioökonomischen Umstände der Menschen berücksichtigt, um z. B. die Landbevölkerung nicht übermäßig zu belasten. Der Ministerrat konnte sich bisher noch nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Die deutsche Ratspräsidentschaft möchte im Dezember möglicherweise einen neuen Vorschlag vorlegen.