Schwer belastete Regionen wie das Alpenland werden ebenso im Stich gelassen.
Das Europäische Parlament stimmt diesen Donnerstag, den 17. Februar über die Reform der “Eurovignette” final ab. Das Kernziel der Reform, das Verursacherprinzip im Straßenverkehr herzustellen und damit die Weichen für eine Verkehrsverlagerung auf die nachhaltige Schiene zu stellen, werden klar verfehlt. Die Schiene unterliegt einer Zwangsmaut, auf der Straße bleibt eine Maut optional. Vielmehr wird die Konkurrenzfähigkeit der Schiene weiter untergraben, weil externe Kosten, wie Lärm und Luftverschmutzung des Straßenverkehres, auch künftig zu wenig eingepreist werden. Darunter leiden insbesondere vom Verkehr starkbelastete Regionen wie das Alpenland.
Anna Deparnay-Grunenberg, Schattenberichterstatterin der Grünen/EFA-Fraktion im EU-Verkehrsausschuss, kommentiert vorausgehend zur Endabstimmung:
„Die große Chance für eine EU-weite Straßenmaut, die sozialgerecht und zugleich gut für die Umwelt ist, wird mit dieser Reform leichtfertig verspielt. Dabei ist die Klimadringlichkeit groß. Es müssen jetzt konsequente politische Maßnahmen ergriffen werden, doch vielmehr strotzt die Reform von Ausnahmen und Schlupflöchern!
72 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr entfallen in der EU immer noch auf die Straße. Die unökologische und unsoziale Vignette als quasi „Flatrate“ ohne große Lenkungswirkung wird nicht komplett verschwinden. Eine Gebühr kann dann für 10.000 Kilometer genauso hoch sein, wie für 100.000 Kilometer. Das Verursacherprinzip wird nicht nur an dieser Stelle unzureichend reflektiert. Externen Kosten, bspw. verursacht durch Lärm, werden in Gänze ungenügend berücksichtigt.
Die Politik der kleinen Schritte ist 2022 nicht mehr angebracht! Ohne eine Verlagerung auf die nachhaltige Schiene werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Um dies zu erreichen, darf der Straßenverkehr nicht weiter gegenüber der Schiene privilegiert werden.
Auch der Schutz besonders belasteter und gefährdeter Regionen, wie das Alpenland, ist nicht gewährleistet. Wir brauchen diese regionalen Zuschläge dringend, um bspw. dort eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene zu bewirken und so für eine Entlastung sorgen. Mit unseren eingebrachten Änderungsanträgen möchten wir das vorgesehene Vetorecht von Anrainerstaaten verhindern.”
Hintergrund
Die „Eurovignette“ überlässt es den EU-Mitgliedstaaten, ob eine Maut erhoben wird. Wenn eine Maut erhoben wird, müssen sich die Mitgliedsländer an die Regeln der Eurovignette bei der Ausgestaltung halten.
Änderungsanträge der Greens/EFA-Fraktion: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-9-2022-0006-AM-001-002_EN.pdf
Plenardebatte,, heute, dem 16.02.2022 (abends): https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/OJQ-9-2022-02-16_DE.html
Abstimmung am 17.02.2022; Bekanntgabe der Ergebnisse um 13 Uhr und anschließende Pressekonferenz: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/OJQ-9-2022-02-17_DE.html
Weiterführende Studien/Zeitungsartikel:
EN: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0921800921003943?via%3Dihub=
DE Artikel: https://www.zeit.de/mobilitaet/2022-01/soziale-kosten-strassenverkehr-auto-studie