Die EU-Verkehrspolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne/EFA) kritisiert die Berliner Verkehrspolitik wie folgt:
„Die Berliner CDU legt bei der Mobilitätswende provokativ den Rückwärtsgang ein. Erst verkündet die neue CDU-Mobilitätssenatorin den Planungsstopp für Radwege, jetzt soll ausgerechnet bei der Radinfrastruktur gekürzt werden. Dabei sind wir in der EU längst dabei, das Rad als vollwertiges Verkehrsmittel zu etablieren.
Schon jetzt hinkt die deutsche Hauptstadt ihrer eigenen Planung hinterher, von 2.698 bis zum Jahr 2030 geplanten Kilometern wurden seit 2018 gerade mal 121 km vollendet - und das bei steigendem Radverkehr. Es ist nicht einzusehen, dass inzwischen 7500 Fahrradfahrende pro Jahr verunglücken - und der Senat nun Untätigkeit beschließt. Auf EU-Ebene haben wir uns längst geeinigt, mehr für die Sicherheit von Radfahrenden zu tun, um das Potential des Verkehrsmittels voll auszuschöpfen, insbesondere für das Gesundheitssystem und den Klimaschutz.
Auch Berlin braucht für seine Klimaziele dringend mehr Radverkehr - und keine Autofahrerpolitik für Minderheiten. In der Stadt kommen auf 1000 Einwohner gerade mal 320 Autos. Angesichts von 71 Stunden, die Autofahrer im Schnitt jährlich trotzdem dort im Stau verbringen (Rekord hinter München), sollte die Regierung doch endlich alles dafür unternehmen, dass auch sie stattdessen sicher mit E-Bikes durch die Stadt sausen können.“
Hintergrund
- Laut RBB plant der Berliner Finanzsenator, die Mittel für Radwege deutlich zu kürzen, zuvor hatte bereits die Verkehrssenatorin verkündet, kurzzeitig alle Radwegeprojekte zu stoppen.
- Die NGO Changing Cities hat vorgerechnet, wie sehr die deutsche Hauptstadt schon jetzt ihrem Radwegeplan hinterherhinkt. Von den 2.698 bis 2030 geplanten Kilometern wurden seit 2018 lediglich 121 km vollendet. Das sind gerade mal 4,5 Prozent. In diesem Tempo wäre man in 110 Jahren fertig.
- Anna Deparnay-Grunenberg hat mit dafür gesorgt, dass das EU-Parlament bereits am 31. Januar 2023 eine Resolution verbschiedet hat, die das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel sowie die Radindustrie als bedeutsamen Industriezweig anerkennt! Damit hat das Parlament ein wichtiges politisches Signal an die EU-Kommission gesendet. Gerade erarbeitet die EU-Kommission eine gemeinsame Erklärung von Kommission, Parlament und Rat. Ob daraus eine Strategie wird, zu der auch Gesetzesvorhaben gehören, entscheidet die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
- Die europäische Fahrrad-, E-Bike-, Teile- und Zubehörindustrie zählt heute in Europa bereits rund 120.000 Arbeitsplätze in mehr als 1000 Unternehmen - die meisten davon sind kleine und mittelständische Firmen. Die Strategie des Parlaments sieht vor, eine Million weitere Jobs in dem Sektor zu schaffen. Insbesondere in Portugal boomt die Branche.