- 3,8 Milionen Tiere werden pro Tag durch die EU transportiert
- Es werden 360 Millionen Schweine, Schafe, Ziegen und Rinder pro Jahr in der EU geschlachtet
- Da Großschlachtbetriebe zunehmend dominieren, werden dabei die kleinen, regionalen Schlachtereien verdrängt. Dies führt zu immer längere Transportwege.
Es ist grausam und doch empfinden es noch zu viele Menschen als normal und wünschenswert: billiges Fleisch aus Massentierhaltung. Doch jeder/m Bürger/*in sollte wissen: wir schippern, angetrieben durch billiges Rohöl, Soja aus Brasilien oder Mais aus den USA, über den ganzen Ozean, transportieren es anschließend mit LKWs, über hohe Pässe der Alpen, um es anschließend in lebensfeindlichen Massentierhaltungsanlage zu verfuttern. Bis dahin haben wir die Tiertransporte noch nicht erwähnt, aber es klingt schon so, als sollten bereits die Alarmglocken läuten.
Am Beispiel von Kälbern kann der Wahnsinn schon erkannt werden: Knapp 680 000 Kälber werden jährlich von Deutschland ins Ausland verkauft und auch lebend transportiert. Oft kommt dann das Fleisch zurück. Die Spezialisierung von Ländern auf unterschiedliche Bereiche der Tierhaltung und Schlachtung ist in Europa weit vorangeschritten. In manchen Ländern wird Milch massenhaft produziert. Dabei werden Milchkühe künstlich befruchtet. Die Männliche Kälber sind dann aber unerwünschte „Nebenerzeugnisse“. Diese werden also in Länder wie Spanien oder Italien exportiert, die extra auf die Tiermast spezialisiert sind. Weitere Länder sind dann auf die Schlachtung und Weiterverarbeitung von Kalbfleisch spezialisiert. Und wieder müssen die Tiere auf dem LKW verladen werden und auf langen Wegen leiden.
Für jede Tierart ist ein vergleichbares System dahinter.
Tiere sind fühlende und leidensfähige Wesen
Tiere sind fühlende, leidensfähige Wesen, die unseren Respekt und unseren Schutz verdienen. Ein Recht auf ein würdiges Leben steht allen Tieren zu: Haustieren, Wildtieren und auch sogenannten ‘Nutztieren’ Dies wird nicht nur von vielen Bürgern spontan so empfunden, es ist auch in unserem nationalen Recht, sowie im EU-Recht verankert. Eigentlich steht schon alles da, um beweisen zu können, dass Tiertransporte ethisch und Klimaschutztechnisch ein Unding sind und trotzdem betrifft es 3,8 Millionen Tiere PRO TAG in der EU!
Hier kann die eigentlich eindeutige EU-Gesetzgebung eingesehen werden.
Die jetzige Gesetzgebung auf EU-Ebene zu Tiertransporten
Die EU-Verordnung zum Schutz von Tieren bei Transport ist bereits seit 2005 der Rahmen für alle Tiertransporte der EU. Da Zuwiderhandlungen leider immer wieder von Tierschutzorganisationen gemeldet werden, hat das Europäische Parlament, durch großen Druck der Grünen, am 19. Juni 2020 für einen Untersuchungsausschuss für Tiertransporte gestimmt. Ich bin Teil des Ausschusses und prüfe mit meinen Kolleginnen und Kollegen seit September 2020, ob die Tiertransportverordnung auf Europas Straßen eingehalten werden, ob offiziell kontrolliert wird und ob Verstöße auch strafrechtlich verfolgt und geahndet werden. Darüberhinaus arbeiten wir an Verbesserungen und Veränderungsvorschlägen der bestehenden Verordnung für die Kommission.
Die letzten Anhörungen im Überlick
Über drei Anhörungen und deren Ablauf wurde in dem Artikel ANIT-Untersuchungsausschuss: Quälerische Tiertransporte stoppen! berichtet. Seitdem haben vier weitere Anhörungen stattgefunden sowie ein Workshop zum Thema Tierschutz während des Transports.
Am 17. März fand die Anhörung zum Export von lebenden Tieren in nicht EU-Länder statt. Die Tiere werden oft auf Schiffen transportiert, die ursprünglich für Menschentransporte gebaut wurden. Daraus entstehen für die Tiere sehr viele Verletzungsgefahren und häufig ist eine angemessene Versorgung nicht gewährleistet. Dazu kommt auch dass die Tiere viele Tage auf dem Meer verbringen müssen. Dies bedeutet viel Stress auf sehr engem Raum.
Weiter hat die Anhörung nochmal die Probleme der Nachverfolgung klargemacht. Wenn ein Tier die EU verlässt, kann die EU nicht mehr dafür sorgen, dass dem Tier kein Leid zugefügt wird. Doch oft exportieren EU Länder die Tiere in den Nahen Osten. Zahlreiche NGOs haben bereits verdeutlicht: unsere Gesetze werden nicht eingehalten, das Tierleid ist groß.
Darum fand am 15 Juli eine öffentliche Anhörung zu Erfahrungen mit der Verschärfung und Änderung von Rechtsvorschriften innerhalb und außerhalb Europas statt. Erste Erkenntnisse der Unterschuchungen und Änderungungsvorschläge wurden zuvor, bereits Ende April an die Kommission herangetragen, die sich jedoch bedeckt hielt. Die letzte Anhörung fand am 6. September statt und richtete den Blick deutlich nach vorn: Welche Alternativen gibt es zu Langstreckentransporten. Besonders spannend war natürlich das Gespräch mit Bäuerinnen und Bauern, die ihre Erfahrungen mit alternativen Wegen teilten.
Aufnahmen aller Anhörungen sowie weiterer Workshops und Termine könnt ihr euch hier ansehen.
Unsere Anforderungen an die Kommission
Gemeinsam erarbeiten wir im ANIT Untersuchungsauschuss zum Abschluss der Untersuchung eine Liste von Empfehlungen, die wir dann im Januar der Kommission vorlegen möchten. Noch laufen einige interne Diskussionen, doch bei folgenden Punkten, sind wir uns einig:
- Der Transport von lebenden Tieren auf Schiffen widerspricht der europäischen Tiertransportverordnung, und sollte in Zukunft völlig eingestellt und verboten werden.
- Es gilt Alternativen zu Langstreckentransporten zu finden und Exporte von lebenden Tieren in Drittländer zu verbieten. Das würde möglicherweise auch dazu führen, dass künftig die Nachfrage nach Fleisch im Nahen Osten mit gekühltem Fleisch bedient werden kann, das europäischen Standards entspricht.
- Kürzere und realistische Transportzeiten festlegen (Derzeit werden unmögliche Angaben der Tiertransporteure gemacht und vom Veterinäramt zugelassen!)
- Für eine bessere Versorgung der Tiere beim Transport ist zu sorgen
- Es gilt die strikte Einhaltung der Höchstbesetzung der LKWs und der Lenk- und Ruhezeiten zu überprüfen
- Das Temperaturlimit (bis jetzt im unteren Bereich bei -5 Grad und im oberen Bereich bei 30 Grad Celsius im Schatten) muss auch strikt eingehalten und je nach Tierart an die entsprechenden Bedürfnisse angepasst werden
- Die Bevölkerung sollte aufgeklärt werden, dass regionalproduziert auch tierfreundlicher produziert bedeutet
Weitere Informationen sowie die Anhörungen können auf der Seite des Europaparlamentes entnommen werden.
Hier geht es zu allen Protokollen und Lebensläufen aller eingeladenen Gäste und Teilnehmer*innen der Anhörungen:
https://emeeting.europarl.europa.eu/emeeting/committee/de/archives/ANIT
Hier können Sie mit Eingabe des Tages und der Uhrzeit alle Anhörungen nachschauen, herunterladen und in Zukunft auch live anschauen:
https://multimedia.europarl.europa.eu/de/search?q=ANIT&st=&ut=&WS_VIDEO=104#ap-WSV_VOD
Foto: PETA Deutschland e.V.