Pressemitteilung zum Kommissionsvorschlag zur Verordnung zur Walderfassung,
Straßburg, 21. November 2023
Gerade hat die EU-Kommission das erste europäische Waldgesetz überhaupt vorgestellt.
Die Forstwissenschaftlerin und EU-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne/EFA) kommentiert:
„Ich bin wirklich froh, dass dieses wichtige Gesetz noch in dieser Legislatur gekommen ist. Es ist das erste echte europäische Waldgesetz, und ich habe mich stark dafür eingesetzt. Die Verordnung zur Walderfassung ist ein bedeutsamer Teil des Green Deals, und wir brauchen sie dringend, um den Zustand der europäischen Wälder systematisch zu erfassen, damit wir endlich wissen, wie es um sie bestellt ist. Dann wird auch klar, wie viele Waldflächen bislang heimlich kahlgeschlagen werden.
Zwar gibt es bereits viele gute Datenaufnahmen vor Ort, diese sind jedoch darauf ausgelegt, die Wirtschaftlichkeit eines Waldes zu bewerten. Wichtige Faktoren wie die die Menge an Totholz sowie die spezifischen Vogelarten blieben in den Kartierungen der Mitgliedsstaaten überwiegend außen vor. Das war im Hinblick auf Klima- und Biodiversitätskrise inakzeptabel und ändert sich nun.
Um unter zwei Grad Erderwärmung zu bleiben, brauchen wir gesunde Wälder, die viel Kohlenstoff absorbieren. Es ist verrückt, aber bislang wissen wir nicht mal, wie es um eben diese zentrale Fähigkeit überhaupt bestellt ist. Die verfügbaren Daten legen allerdings nahe, dass aufgrund von plantagenartiger Waldbewirtschaftung immer mehr Wälder inzwischen zu Nettoemittenten verkommen.
Wir müssen endlich eine flächendeckende Aufnahme vergleichbarer Daten über die europäischen Wälder etablieren. Dazu gehört, dass Alt- und Primärwälder rechtlich bindend definiert werden und die gesammelten Daten nicht – wie mancherorts üblich – unter Verschluss gehalten werden, sondern öffentlich verfügbar sind.
Waldreiche Länder wie Schweden und Finnland, in denen bisher große Flächen unter dem Radar kahlschlagen werden, sowie große Forstunternehmen haben sich lange gegen dieses Gesetz gewährt. Dabei schafft es besser Bedingungen für Waldbesitzende. Denn auf Grundlage genauer Daten können sie einerseits ihre Bewirtschaftung schneller und besser auf eine veränderte Umwelt einstellen. Andererseits kann ihnen all das, was sie für den Erhalt des Ökosystems Wald tun, besser vergütet werden.
Auch Waldwissen ist Macht!”
Hintergrund:
- In dieser Legislaturperiode wurden bereits mehrere EU-Gesetze verabschiedet, die den Wald betreffen, darunter die Renewable-Energy-Richtlinie III (REDIII) sowie die Verordnung zu Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) und das Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten. Das Forest Monitoring Law, das heißt die Verordnung zur Waldbeobachtung, ist das erste EU-Gesetz, das sich ganz spezifisch und ausschließlich mit dem Wald befasst.
- Nachdem die Kommission das Gesetz nun vorgelegt hat, geht es erst mal in die parlamentarischen Ausschüsse. Welcher federführend wird, ist allerdings noch nicht klar. Ursprünglich sollte der Umweltausschuss im Europäischen Parlament das Gesetz verhandeln, entsprechend sollten die Umweltminister:innen der Mitgliedsstaaten zuständig sein. Aber nun fechten sowohl der Agrarausschuss im Parlament als auch die Argrarminister:innen einiger Mitgliedsstaaten diese Kompetenz an. Aus Umweltsicht wäre es allerdings wünschenswert, dass der Umweltausschuss für das Gesetz zuständig wird.
- Im Namen der Grünen-Fraktion des EU-Parlaments habe ich vergangene Woche noch einmal darauf gedrängt, das Gesetz endlich vorzulegen. https://www.greens-efa.eu/opinions/eu-forest-monitoring-law/
- Bisher erfassen die Mitgliedsstaaten mit zahlreichen, ganz unterschiedlichen Methoden den Zustand ihrer Wälder. Mit dem Vorschlag der Kommission sollen die Daten künftig zusammengeführt und über ein kombiniertes System erhoben werden, welches bisherige Aufnahmen vor Ort durch Luftbilder und Satellitendaten ergänzt. Ein entsprechendes System soll den Mitgliedsstaaten kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
- Die Kapazität der natürlichen Ökosysteme, Kohlenstoff zu speichern ist in den vergangenen Jahren mit besorgniserregender Geschwindigkeit zurückgegangen. Dieser Trend ist vor allem darauf zurückzuführen, dass immer mehr Holz aus dem Wald geholt wird. Die Kommission gibt an, dass wir unsere LULUCF-Ziele voraussichtlich um 70 Millionen Tonnen CO2 -Äquivalente verfehlen werden. https://climate.ec.europa.eu/system/files/2023-11/com_2023_653_glossy_en_0.pdf
- Eine neue Studie zeigt, wie viel Kraft Wälder haben können, um CO2 zu absorbieren – wenn man ihre Biodiversität fördert. https://www.futurity.org/forests-carbon-biodiversity-greenhouse-gas-2998582/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=forests-carbon-biodiversity-greenhouse-gas-2998582