EU-Kommission stellt ambitioniertes Klimapaket vor – ohne einen effektiven Schutz der Wälder zu garantieren
Heute stellte die Europäische Kommission das lang erwartete Klimapaket „Fit for 55“ vor. Die Vorstellung der neuen EU-Forststrategie, die die Leitlinien der Waldbewirtschaftung bis 2030 festlegen soll, wurde auf kommenden Freitag, den 16. Juli verschoben. Während viele Maßnahmen des Fit for 55-Pakets ambitioniert sind, bleibt bei der Überarbeitung der Erneuerbare Energien Richtlinie (RED II) ein entscheidender Punkt auf der Strecke: der effektive Schutz der Wälder als natürliche CO2-Senke und Lebensraum für Artenvielfalt.
Die grüne Europa-Abgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg, studierte Forstwissenschaftlerin, Mitglied im Landwirtschaftsausschuss und Schattenberichterstatterin für den Initiativbericht zur EU-Forststrategie im Europäischen Parlament kommentiert:
„Die industrielle Verbrennung von Holz befeuert im wahrsten Sinne des Wortes die Klima- und Biodiversitätskrise: Sie verursacht höhere Netto-CO2-Emissionen als fossile Brennstoffe und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Wälder als natürliche Kohlenstoffsenken und Raum für Artenvielfalt geschwächt werden. Es ist fatal, dass die EU-Kommission vor dem Druck der Holzlobby in die Knie gegangen ist und Waldbiomasse weiter als regenerative Energiequelle benennt! Es wird schlicht ignoriert, dass die Regeneration von Wäldern viele Jahrzehnte dauert – Zeit, die wir im Kampf gegen die Klimakrise nicht haben!“
Aktuell sind Wälder durch verschiedene Faktoren massiv bedroht: Neben extremen Wetterlagen und Schädlingsbefall als Folgen des Klimawandels gehört dazu insbesondere der massive Holzeinschlag, um unter anderem die hohe Nachfrage nach Bioenergie zu decken.
“Dass die Kommission ihre eigenen wissenschaftlichen Berater ignoriert und die Zerstörung unserer Wäldern durch ihre Politik für erneuerbare Energien weiterhin fördert, ist kurzsichtig und gefährlich. Wir können es uns nicht leisten, die Wälder zum Spielball von Industrie-Interessen zu machen! Dem Geschäftsmodell, dass Wälder hektarweise kahlgeschoren und dann industriell zur Energiegewinnung genutzt werden, muss Einhalt geboten werden. Die vagen Formulierungen des Fit for 55-Pakets greifen hier viel zu kurz!”
Zwar sind die vorgeschlagenen neuen Nachhaltigkeitskriterien zu begrüßen:
- kein Holz aus Primärwäldern, Moor- und Feuchtgebieten
- keine Förderung von Waldbiomasse in reinen Stromanlagen ab 2026
- keine Subventionen für die Verwendung von Säge- oder Furnierstämmen, Stümpfen und Wurzeln
Doch reicht dies längst nicht aus. Nur nicht-verwertbare Holzprodukte am Ende der Wertschöpfungskette sollten für die Bioenergieerzeugung erlaubt sein!
Die Krux ist zudem, dass weiterhin keine rechtlich-verbindliche Mindeststandards von “nachhaltiger Waldbewirtschaftung” vorgegeben werden, was dazu führt, dass sogar Wälder, in denen große Kahlschläge praktiziert werden, fälschlicherweise als CO2-Senke definiert werden können.
Weiterführende Informationen:
Pressemitteilung der EU-Kommission zum Fit for 55-Paket: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_21_3541
Der ursprünglich durchgesickerte Entwurf der EU-Forststrategie (Leak): https://anna.deparnay-grunenberg.eu/wp-content/uploads/2021/06/forest-strategy-in-ISC.pdf
Link zur Petition für ein EU-weites Kahlschlagverbot auf you.wemove.eu: https://you.wemove.eu/campaigns/kahlschlage-in-europas-waldern-stoppen
Pressemitteilung vom 18.06.2021: „Die EU-Forststrategie muss die Waldwende einleiten“: https://anna.deparnay-grunenberg.eu/2021/06/18/pm-die-eu-forststrategie-muss-die-waldwende-einleiten/
Mein Gastbeitrag im „Tagesspiegel“ am 11. Juni 2021: „Stoppt Kahlschläge in Europäischen Wäldern“: https://anna.deparnay-grunenberg.eu/2021/06/11/mein-gastbeitrag-im-tagesspiegel-stoppt-kahlschlaege-in-europaeischen-waeldern/
Mein Artikel „EU-Forststrategie – Unsere Wälder schützen“: https://anna.deparnay-grunenberg.eu/2020/07/08/eu-forststrategie-update-von-den-verhandlungen-im-agrarausschuss/