Trauerspiel in Brüssel: Verantwortungslose Allianz bleibt bei der „alten Denke“ in der EU-Agrarpolitik
Grüne lehnen Vorschlag zur GAP-Ausrichtung ab!
Nächste Woche (20.-23. Oktober) stimmt das Plenum des EU Parlaments zur Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) 2021-2027 ab. Die jetzigen Vorschläge, die durch eine Allianz der Konservativen (EPP), Sozial-demokraten (S&D) und Liberalen (Renew) vorangetrieben wurden, stellen aus einer Wissenschafts- und Nachhaltigkeitsperspektive bedauerlicherweise einen klaren Rückschritt dar. Deshalb werden wir Grüne einen Antrag auf Ablehnung dieses Ausrichtungsvorschlages stellen und fordern eine tiefgreifende Agrarwende.
Anna Deparnay-Grunenberg, Mitglied im Agrarausschuss des EU-Parlaments dazu :
„Dieser rückwärtsgerichtete Vorschlag zur Ausrichtung der EU-Agrarpolitik widerspricht eindeutig dem Klima- und Artenschutz und somit auch den Zielsetzungen der Pariser Klimaabkommen und des Green Deals. Dabei ist eine Agrarwende jetzt dringend notwendig. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie die „alte Denke“ über das Schicksal der Landwirtschaft entscheidet. Denn schließlich sind gesunde Lebensmittel, unsere Umwelt, unsere Landschaften und das Wohl unserer Landwirt*innen unser aller Gemeinwohl!
Wir müssen unsere Landwirtschaft in Einklang mit dem Schutz unserer Lebensgrundlagen und dem Tierschutz bringen. Für den Wandel des Agrarsektors, den diese GAP-Ausrichtung nicht erreichen kann, bedarf es einen kompletten Neuanfang. Wir setzen nun auf die Kommission, auf die sensibilisierte Zivilgesellschaft und die Mitgliedstaaten, um das Ruder noch einmal herumzureißen. Mit den vorliegenden Kompromissen hat sich eine Mehrheit im EU-Parlament leider von ihrer Verantwortung für eine Agrarwende verabschiedet.“
Noch am 6. Oktober hat das EU-Parlament mit dem Klimagesetz einer Reduzierung von Treibhausgasemissionen auf -60% bis 2030 (gegenüber 1990) zugestimmt. Mit einer solchen GAP wird es nicht möglich sein, diese Reduzierung zu erreichen. Auch die ambitionierte Biodiversitätsstrategie der Kommission wird durch diese Ausrichtung konterkariert.
Denn der aktuelle Vorschlag zur „strategischen Ausrichtung der GAP“ bedeutet:
- eine Weiterführung der Finanzierung nach Agrarfläche (ohne Kappung) > bleibt hauptsächlich attraktiv für große Landwirtschaftsbetriebe;
- eine nur freiwillige Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft > wenig Anreize für Ökologisierung der Landwirtschaft;
- große Flexibilität bei der Verteilung für die Mitgliedsstaaten > eine Zerstückelung der „Gemeinsamen“ Agrarpolitik;
Bereits der Ursprungsvorschlag der EU-Kommission wurde vom Europäischen Rechnungshof stark infrage gestellt:
https://www.eca.europa.eu/de/pages/newsitem.aspx?nid=11130
Von diesem hat sich die Parlamentsposition nun um einiges „rückwärts bewegt“:
https://oeil.secure.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?reference=2018/0216(COD)&l=en
Weiter stellte der EU Rechnungshof vergangenen Juni (2020) fest, dass die aktuelle GAP nicht zum Schutz der Biodiversität beiträgt:
https://www.eca.europa.eu/de/Pages/DocItem.aspx?did=53892
Klar ist, wir brauchen wissenschaftsbasierte Lösungsansätze, die die GAP in Einklang mit dem Klima-, dem Biodiversitätsschutz und dem Gemeinwohl bringt.