- Die Wälder sind neben den Ozeanen die größte natürliche CO2-Senke unseres Planeten und damit immens wichtig im Kampf gegen den Klimawandel.
- Die in EU zu Energiezwecken verwendete Biomasse ist über 60% holzbasiert. Aufgrund der Verbrennung von Holz zur Gewinnung von „erneuerbarer Energie“ geraten die europäischen Wälder aktuell massiv unter Druck.
- Die EU muss sich dafür einsetzen, dass naturnahe Wälder erhalten und geschützt werden und, dass der wertvolle Rohstoff Holz prioritär für langlebige Produkte genutzt wird. Nur dann kann man Holznutzung als nachhaltige CO2-Senke deklarieren.
Unsere Wälder sind ein wichtiger Partner im Kampf gegen die Klimakrise
Es ist ebenso simpel wie magisch: Bäume produzieren mithilfe von Sonnenlicht aus Wasser und CO2 den für uns lebenswichtigen Sauerstoff. Bei diesem Prozess, der Photosynthese, werden jährlich weltweit Millionen Tonnen CO2 gebunden, in den Zellstrukturen der Bäume gespeichert und somit der Atmosphäre entzogen. Die Wälder werden nicht nur aufgrund der Sauerstoffproduktion und der Bindung von CO2 die „Lungen der Erde“ genannt: Sie schützen darüber hinaus die Böden, regulieren Wasserkreisläufe, fungieren als natürliche Kühlanlagen und bieten wertvollen Lebensraum für die biologische Artenvielfalt.
Wälder sind damit in vielfacher Hinsicht ein wichtiger Partner im Kampf gegen die Klimakrise: einerseits fungieren sie als natürliche CO2-Senke und regulieren durch die Bindung von CO2 das globale Klima. Andererseits können durch die Nutzung von Holz klimaschädliche Eimissionen an anderer Stelle vermieden werden, beispielsweise im Baubereich oder zur Energiegewinnung. Die Holznutzung ist in vielen Regionen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und ohne die nachwachsende Ressource Holz ist die von der EU angestrebte biobasierte Kreislaufwirtschaft schwer vorstellbar.
Genau hier liegt jedoch auch das Problem: Aus der vielfältigen Bedeutung von Wäldern und Holz ergeben sich Nutzungskonflikte, welche drohen die Bekenntnisse zum Klimaschutz zu konterkarieren. Ein kritischer Punkt ist in diesem Zusammenhang die energetische Nutzung von Holz. Während es kurzfristig aus klimatechnischer Sicht sinnvoll erscheinen mag, Holz zu nutzen, um damit klimaschädliche Energieträger wie Kohle oder CO2-intensive Baustoffe wie Zement und Stahl zu ersetzen, ist diese Denkweise langfristig betrachtet katastrophal.
Das industrielle Verfeuern von Holz ist eine klima- und umweltpolitische Katastrophe!
Dem kürzlich erschienen Report des Joint Research Center zufolge machten erneuerbare Energien im Jahr 2016 rund 17 % des Bruttoendenergieverbrauchs in der EU aus. Bioenergie ist mit 59,2 % die wichtigste aller erneuerbaren Quellen. Von der in der EU zu Energiezwecken verwendeten Biomasse ist über 60% holzbasiert. Die Nutzung von Holz zur Energiegewinnung gilt zwar vordergründig als klimaneutral, weil Holz ein nachwachsender Rohstoff ist. Doch dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass bei der Verbrennung von Stammholz über Jahre gespeichertes CO2 einfach wieder freigesetzt und zudem die Luft mit gesundheitsbelastenden Partikeln verschmutzt wird. Bis neue Bäume wieder nachwachsen – was bekanntermaßen mehrere Jahrzehnte dauert – ist die C02-Bilanz verheerend negativ. Unter dem steigenden Brennholzhunger leiden zur Zeit vor allem naturnahe Wälder, wie in Rumänien, Bulgarien und Polen. Die zusätzlich angelegten „Kurzumtriebplantagen“, auf denen schnell wachsende Bäume extra für die Energiegewinnung herausgezüchtet werden, sind zudem schädlich für die Qualität der Böden und damit für den Wasserkreislauf und bieten keinen Lebensraum für Biodiversität.
Es ist deshalb höchst problematisch, dass die EU auch Holzverbrennung aus extra dafür angelegten Holzplantagen in Monokultur als „erneuerbare Energie“ anrechnet. Grundsätzlich wird nicht unterschieden, ob es sich bei den zur Energiegewinnung verfeuerten Rohstoffen um Stammholz oder Holzabfall, um Holz aus Kahlschlägen, aus illegaler Abholzung oder um aus fernen Ländern importierte Hölzer handelt.
An dieser Stelle müssen wir dringend nachbessern. Für die Nutzung von Holz sollte das Prinzip der Kaskadennutzung die oberste Richtschnur sein. Das heißt, dass Rohholz vor der energetischen Nutzung im Kraftwerk zunächst mehrfach verwendet wird, und bspw. zuerst zu qualitativ hochwertigen Konstruktionselementen, dann zu Lamellen für einen Tisch und anschließend zu Spänen für Spanplatten verarbeitet wird, bevor es schließlich in Form von Holzpellets der Energieversorgung dient. In der jetzigen Zeit, wo Bauholz knapp ist und wertvoller denn je, sollte umso mehr auf Verfeuerung verzichtet werden. Die CO2 Vermeidung durch die Nutzung von Holz darf nicht die Gesundheit der Wälder als natürliche CO2 Senke gefährden.
Wir müssen Klimaschutz, Artenschutz und eine biobasierte Kreislaufwirtschaft zusammendenken!
Ich fordere deshalb:
- Naturnahe, bisher nicht- oder wenig bewirtschaftete Wälder müssen als effektive CO2-Senke, Erholungsraum für Mensch und Natur sowie zum Schutz der Biodiversität bewahrt werden. Dazu muss europaweit auch über ein Verbot von Kahlschlägen nachgedacht werden.
- Holz ist ein exzellenter CO2-Speicher, deshalb sollten wir diesen wertvollen Rohstoff – entsprechend dem Prinzip der Kaskadennutzung – prioritär für langlebige Produkte verwenden.
- Eine energetische Nutzung von Holz darf nur aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und ausschließlich lokal erfolgen, am besten für Wärmenetze.
- Transportwege müssen möglichst kurz gehalten werden, um die Wertschöpfung im ländlichen Raum und die Vermeidung von fossilen Brennstoffen vor Ort zu unterstützen. Dazu braucht es dringend ein verbindliches Herkunftssiegel für Holzpellets sowie eine flächendeckende Zertifizierung von nachhaltiger Forstwirtschaft.
- Bei dem anstehenden Review der REDII Directive darf die industrielle Verbrenung von Holz nicht weiter als klimaneutral deklariert werden. Die entstehenden Emissionen müssen neu und korrekt berechnet werden.
- Anstatt Wälder abzuholzen, um scheinbar „nachhaltig“ Energie zu erzeugen, müssen wir wahrhaft emissionsarme und erneuerbare Energiequellen fördern!
weiterführende Quellen:
JCR Report on The use of woody biomass for energy production in the EU https://ec.europa.eu/jrc/en/publication/eur-scientific-and-technical-research-reports/use-woody-biomass-energy-production-eu
Studie des NABU zur unterschätzten Senkenleistung von Naturwäldern https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/wald/nabu-hintergrund_-_die_untersch__tzte_senkenleistung_von_naturw__ldern_stand_28.10.2010.pdf
Stellungnahme im Deutschen Bundestag von Prof. Dr. Pierre L. Ibisch zum Ökologischen Zustand der Wälder https://www.bundestag.de/resource/blob/808970/a70eece0fdcdcc5b837e0a0bcec48c01/Prof-Dr-Pierre-Ibisch-data.pdf