Nach jahrelangem Druck der Grünen/EFA und der NGOs hat die Europäische Kommission endlich ihren lang erwarteten Vorschlag zur Reduzierung der EU-bedingten Entwaldung veröffentlicht. Dieses Anti-Entwaldungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, aber dennoch sind noch Verbesserungen erforderlich, wenn das Gesetz die Komplizenschaft der EU bei der globalen Zerstörung der Natur und der Verletzung der Menschenrechte wirksam beenden soll.
Endlich hat die Kommission ihren lang erwarteten Vorschlag zur Verringerung des Beitrags der EU zur weltweiten Entwaldung und Waldschädigung veröffentlicht. Die Europäer müssen sicher sein, dass nichts, was sie in ihre Einkaufskörbe legen, sie an der Zerstörung der natürlichen Wälder mitschuldig macht. Das neue Gesetz zur Entwaldung ist dringend notwendig. Die EU ist für 16 % der Abholzung von Tropenwäldern im Zusammenhang mit international gehandelten Waren wie Fleisch, Palmöl oder Soja verantwortlich.
Mit diesem neuen Gesetz wird die Europäische Union die Unternehmen dazu verpflichten, durch ein Verfahren, das als „obligatorische Sorgfaltspflicht“ bezeichnet wird, zu überprüfen, dass alles, was sie in Europa verkaufen, nicht von Flächen stammt, auf denen Wälder degradiert oder vollständig gerodet wurden, um Platz für die landwirtschaftliche Produktion zu schaffen.
Leider weist der endgültige Vorschlag der Kommission einige große Lücken auf, die, wenn er in ein Gesetz gegossen würde, seine Wirksamkeit stark beeinträchtigen würden.
Schlupflöcher im Entwaldungsgesetz: wichtige Produkte und Ökosysteme bleiben außen vor
Die Europäische Kommission will sich auf sechs Rohstoffe beschränken, die eine ernste Gefahr für die Wälder darstellen können: Rindfleisch, Palmöl, Soja, Kaffee, Kakao und Holz. Wissenschaftler haben jedoch davor gewarnt, dass die EU bestimmte Rohstoffe nicht „voreilig“ aus ihren Rechtsvorschriften ausschließen sollte. Die Produktion von Kautschuk und Mais zum Beispiel verursacht bekanntermaßen ebenfalls Entwaldung.
Die Kommission möchte, dass das neue Entwaldungsgesetz Wälder schützt, nicht aber andere wertvolle Ökosysteme wie Savannen, Feuchtgebiete und Torfmoore. Sie sagt, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt hinzugefügt werden können.
Wenn diese Schlupflöcher nicht geschlossen werden, besteht die Gefahr, dass das neue Entwaldungsgesetz nachteilige Auswirkungen haben wird. Unternehmen könnten damit beginnen, Wälder für Kautschuk statt für Kakao zu roden, oder die Zerstörung von Wäldern in naturreiche Ökosysteme wie das Pantanal-Feuchtgebiet oder die Cerrado-Savanne verlagern.
Das EU-Abholzungsgesetz – darf kein Freifahrtschein für Menschenrechtsverletzungen und Profitgier sein
Der neue Vorschlag der Europäischen Kommission zur Abholzung von Wäldern sieht vor, dass Unternehmen nicht prüfen müssen, ob Rohstoffe mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen. Dies ist ein unentschuldbares Versagen beim Schutz der Menschenrechte. Die Umwandlung von Regenwäldern und anderen wertvollen Ökosystemen in landwirtschaftliche Nutzflächen ist häufig mit Landraub, Gewalt und negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte, insbesondere für indigene Völker, verbunden. Die EU darf sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen, ebenso wenig wie an der Abholzung der Tropenwälder.
Der Vorschlag verschließt auch die Augen vor Finanzorganisationen, die Unternehmen, die an der Zerstörung der Natur beteiligt sind, mit Investitionen, Krediten oder anderen Dienstleistungen unterstützen. Zwischen 2016 und 2020 haben Banken und Vermögensverwalter mit Sitz in der EU 401 Mio. EUR an Einnahmen aus Geschäften mit Unternehmen erzielt, die der Zerstörung von Tropenwäldern beschuldigt werden.
Mangel an angemessenen Kontrollen für Waren aus bestimmten Ländern
Die Europäische Kommission will die Anforderungen für Unternehmen, die Produkte und Rohstoffe aus so genannten „Niedrigrisikoländern“ beziehen, senken. Dadurch könnte ein Schlupfloch entstehen, das es Unternehmen ermöglicht, in „Hochrisikoländern“ hergestellte Waren über „Niedrigrisikoländer“ zu vertreiben..
Es ist klar, dass jedes Gesetz nur so gut ist wie seine Durchsetzung. Wenn die EU einen „Papiertiger“ mit einem Abholzungsgesetz beschließt, welches jedoch in der Praxis unwirksam ist, wird sie die Zerstörung empfindlicher Ökosysteme in der ganzen Welt weiter vorantreiben.
Vorschlag der Europäischen Kommission zum Stopp der EU-bedingten Entwaldung: wichtige Verbesserungen erforderlich
Vor uns liegt eine große Herausforderung: Am Ende der Legislaturperiode müssen wir ein Anti-Entwaldungsgesetz verabschieden, das zwei wichtige Dinge tut: Erstens muss das Gesetz Unternehmen dazu zwingen, nachzuweisen, dass ihre Lieferketten völlig frei von Naturzerstörung und Menschenrechtsverletzungen sind. Zweitens muss das Gesetz von den in der EU tätigen Banken verlangen, dass sie nachweisen, dass ihre Investitionen nicht zu diesen Ergebnissen beitragen.
Wenn wir die Unternehmen, die von diesen Praktiken profitieren, nicht zur Rechenschaft ziehen, wäre die jüngste Zusage der EU, eine Milliarde Euro für den Schutz der Regenwälder der Welt auszugeben, wie Geld in den Wind zu werfen. Die EU wäre auch nicht in der Lage, ihre auf der COP26 gemachte Zusage einzuhalten, ihren Teil dazu beizutragen, „den Waldverlust und die Bodendegradation bis 2030 aufzuhalten und umzukehren“.
Die EU sollte den weltweiten Kampf zum Schutz unserer Wälder anführen. Wir dürfen den Unternehmen, die für die Zerstörung unserer wertvollen Ökosysteme und grobe Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, keinen Freifahrtschein erteilen. Die europäischen Verbraucher müssen sicher sein, dass wir mit unseren Lebensmitteleinkäufen nicht versehentlich die Zerstörung des Regenwaldes finanzieren. Der Vorschlag der Europäischen Kommission enthält einige sehr gute Vorschläge, aber es fehlt ihm an Biss. Wir müssen sicherstellen, dass unser neues Entwaldungsgesetz nicht nur bellt und nicht beißt.
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