Die biologische Vielfalt ist in der Krise. Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht, für die überwiegende Mehrzahl von ihnen wird die heute lebende menschliche Generation dies erleben (IPBES Report 2019).
Am 5. Juni 2021 begann die UN-Dekade für die Renaturierung. Die Vereinten Nationen erkennen in ihrer Erklärung an, dass die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung bis 2030 nur dann erreicht werden können, wenn die weltweite Zerstörung von Ökosystemen gestoppt, ihre Erhaltung sichergestellt und ihre Renaturierung eingeleitet wird. Ein globales Ziel für die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme soll auf der Internationalen Konferenz zur Biologischen Vielfalt (COP15) in Kunming im Jahr 2022 verabschiedet werden.
Um die internationalen Ziele zu erreichen, ist ein ehrgeiziger europäischer Beitrag unerlässlich. Zum einen, weil die EU offensichtlich zu den wirtschaftlich starken Akteuren gehört, zum anderen, weil wir ein maßgeblicher Verursacher des Artensterbens sind. Europa ist laut IPBES nach Indien die Region mit der am wenigsten intakten biologischen Vielfalt. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass unsere Konsumgewohnheiten die Zerstörung von Ökosystemen auf anderen Kontinenten vorantreiben.
Neben dem Eigenwert der Natur ist auch der lineare Zusammenhang zwischen dem Rückgang der biologischen Vielfalt und der Verschlechterung der Ökosystemleistungen eindeutig nachgewiesen worden. Eine Trendwende ist daher von Vorteil, wenn es darum geht, Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen zu sichern, indem die Grundvoraussetzungen für die menschliche Existenz geschützt werden: saubere Luft, trinkbares Wasser, fruchtbare Böden, gesunde Ozeane.
Ein Schlüsselelement der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 ist daher die Verpflichtung der Europäischen Kommission, rechtlich verbindliche EU-Ziele für Renaturierung festzulegen. Die Analyse des Berichts der Europäischen Umweltagentur (EUA) über den Zustand der Natur zeigt deutlich, dass die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020 nicht erreicht worden sind (State of nature in the EU 2020). In der Tat sind nicht nur weitreichende Verbesserungen ausgeblieben, sondern im Gegenteil; Populationen und Lebensräume befinden sich im freien Fall. Besonders dramatisch ist dies bei ehemals weit verbreiteten Arten wie den Feldvögeln, aber auch bei Meeresbewohnern und bei fast allen Lebensraumtypen mit Ausnahme der felsigen Habitate. Die Dringlichkeit, die sich aus den wissenschaftlichen Analysen ergibt, kann nicht ignoriert werden: Maßnahmen und Zielsetzungen müssen das Ausmaß des Problems widerspiegeln.
Das EU Renaturierungsgesetz wird die erste echte Gesetzgebung zum Umgang mit der Natur seit mehr als zwei Jahrzehnten sein. Wir fordern die Europäische Kommission auf, einen ambitionierten Vorschlag vorzulegen, damit die Krise der biologischen Vielfalt wirksam bekämpft werden kann. Um die Artenvielfalt bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen, müssen wir unsere Anstrengungen für Naturschutz und Renaturierung steigern. Der Zustand der Schutzgebiete sollte verbessert und ihr Netz ausgeweitet werden; die Renaturierung sollte durch den Erlass eines ehrgeizigen EU-Renaturierungsgesetzes vorangebracht werden.
Das Positionspapier konzentriert sich auf folgende Schlüsselaspekte für die kommende Gesetzgebung:
- Eine klare Definition von Renaturierung
- Ehrgeizige verbindliche Ziele für das Renaturierungsgesetz
- Unterstützende Maßnahmen zur Zielerreichung
- Finanzierung der Renaturierungsziele