Europaweit leiden unsere Wälder unter der Klimakrise und der weltweit gestiegenen Nachfrage nach Holz. Seit einigen Jahren verschärft künstlich auch die EU-Gesetzgebung der Druck auf die Wälder durch die fatale Klassifizierung und Subventionierung von Holzbiomasse.
- Der Begriff „Bioenergie“ umfasst unterschiedlichste Rohstoffe, Technikpfade und Anwendungsbereiche. So kann Bioenergie zum Beispiel aus eigens landwirtschaftlich angebauten Pflanzen (z.B. Mais, Weizen, Zuckerrübe, Raps, Sonnenblumen, Ölpalmen) gewonnen werden, oder eben aus Holz.
- Die Rohstoffe können regionaler Herkunft sein oder über globale Handelsströme zu uns gelangen.
- Holzpellets und Hackschnitzel für den unersättlichen Energiehunger werden mittlerweile nicht nur aus europäischen Hölzern hergestellt, sondern aus Nord- und Südamerika, sowie Asien und Afrika importiert
Der forstbasierte Sektor wird als Teil der Lösung vieler globaler Herausforderungen und als wichtiger Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der EU identifiziert. Genau hier liegt jedoch auch das Problem: Aus der vielfältigen Bedeutung von Wäldern und Holz ergeben sich Nutzungskonflikte, welche die Bekenntnisse zum Klimaschutz zu konterkarieren drohen. Ein kritischer Punkt ist in diesem Zusammenhang die energetische Nutzung von Holz und Holzbiomasse.
Während es kurzfristig aus klimatechnischer Sicht sinnvoll erscheinen mag, Holz zu nutzen, um damit klimaschädliche Energieträger wie Kohle oder CO2-intensive Baustoffe wie Zement und Stahl zu ersetzen, ist diese Denkweise langfristig betrachtet katastrophal und bedroht unsere Wälder zunehmend in ihrer Existenz.
Die Gründe dafür sind vielfältig:
Die Klimakrise begünstigt extreme Wetterereignisse; die extreme Trockenheit 2018- 2020 und auch Schädlinge machen unseren Wäldern in Europa derzeit sehr zu schaffen. Doch auch illegaler Holzeinschlag und Ausweitung von Landwirtschaftsfläche tragen zum Waldverlust bei. Nicht zuletzt befeuert die gestiegene Nachfrage nach Holz, Papier und Zellstoff die Übernutzung unserer Wälder: Kahlschläge, marode Wälder und artenarme Plantagen sind die traurigen Folgen.
EU-Anreize befeuern die Katastrophe für Klima und Umwelt
Seit einigen Jahren wird jedoch auch zusätzlich durch die EU-Gesetzgebung der Druck auf die Wälder künstlich verschärft: Da die Verbrennung von Holzbiomasse fatalerweise als klimaneutral gewertet und auch noch subventioniert wird, verfeuern immer mehr EU-Mitgliedsstaaten Holz für die Strom- und Wärmeproduktion. Die Verbrennung von Holz ist ineffizient und wäre eigentlich für die Energieunternehmen wirtschaftlich nicht rentabel. Doch die EU-Gesetze klassifizieren das Verbrennen von Holz als Erzeugung erneuerbarer Energie und erlauben den Mitgliedsstaaten, diese Art der Energiegewinnung reichlich zu subventionieren. Allein in Deutschland wurde von der alten Bundesregierung ein Fördertopf in Höhe von einer Milliarde Euro zur Subventionierung der Umrüstung alter Kohlekraftwerke zu Gas- und Holzbiomassekraftwerken geplant. Die Förderungen führen zu einem katastrophalen Wettlauf, wo Waldbiomassenkonzerne in alten Kohlektraftwerken hohen Potenzial zur Umrüstung hin zu Holzbiomassenkraftwerken erkennen. Investoren aus aller Welt interessieren sich auf einmal für europäische Kohlekraftwerken, denn nur mithilfe der Subventionen, macht dieses Geschäft überhaupt Sinn. Wir müssen diese schädliche Subventionen mithilfe von der RED Erneuerung stoppen. Holz aus Kurzumtrieb-Plantagen und illegales Holzeinschlag dürfen nicht weiterhin durch solche Anreize befeuert werden. Gleichzeitig wirkt sich diese Praxis – leider jedoch lediglich auf dem Papier – nicht negativ auf die Klimabilanz aus.
Die Dogwood Alliance schätzt, dass jedes Jahr Holz einer Waldfläche von 60.000ha verbrannt wird. Zudem wird erwartet, dass sich die weltweite Nachfrage nach Holzpellets bis 2027 auf mehr als 36 Millionen Tonnen verdoppelt. Im Jahr 2017 gab die EU mehr als 6.5 Milliarden Euro für die Förderung von Biomasseanlagen aus. Dem Report des Joint Research Center zufolge machten erneuerbare Energien im Jahr 2019 rund 17 % des Bruttoendenergieverbrauchs in der EU aus, wobei Bioenergie ist mit 59,2 % die wichtigste aller erneuerbaren Quellen ist. Davon sind über 60% holzbasiert!
Bei der Verbrennung von Stammholz wird über Jahre gespeichertes CO2 einfach wieder freigesetzt und zudem die Luft mit gesundheitsbelastenden Partikeln verschmutzt wird. Derzeit emittiert die Verbrennung der Biomasse in der EU mehr als 350 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Was viele nicht wissen: Bioenergie emittiert pro Energieeinheit sogar mehr Kohlenstoff als fossile Brennstoffe. Doch aufgrund der falschen Klassifizierung werden diese Emissionen offiziell einfach nicht berechnet und schlagen sich somit in der Klimabilanz der Länder nicht nieder. Natürlich wächst der Wald theoretisch nach und würde wieder CO2 binden aber die Bilanz wäre (unter idealen Umständen) erst nach 100 oder 200 Jahren “nachhaltig”.
Unsere Wälder sind unsere besten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise
Und obwohl die Verbrennung von Holz als erneuerbare Energie auf der Annahme beruht, dass Bäume nachwachsen, gibt es keine verbindliche staatliche oder industrielle Aufsicht für die Wiederaufforstung oder die Naturverjüngung. Und selbst wenn es diese gäbe, wäre völlig außer Acht gelassen, dass es mehrere Jahrzehnte dauert bis die Bäume wieder nachgewachsen sind. Eine verheerend negative CO2-Bilanz, wenn wir die wichtige Zeitpanne bis 2050 betrachten!
Unter dem steigenden Brennholzhunger leiden zurzeit vor allem naturnahe Wälder, wie in Rumänien, Bulgarien und Polen. Die Pelletunternehmen beteuern zwar, dass nur Restholz verwendet wird, doch längst ist nachgewiesen, dass vor allem in Estland, Schweden und Finnland zusätzlich „Kurzumtriebplantagen“ angelegt werden, auf denen schnellwachsende Bäume extra für die Energiegewinnung herangezüchtet werden. Diese artenarmen Plantagen sind fatal für die Qualität der Böden und damit für den Wasserkreislauf; zudem bieten keinen Raum für eine natürliche Artenvielfalt. Die Auswirkungen der EU-RED sind mittlerweile auch in Übersee sichtbar, da sogar in den USA und in Südamerika alte Wälder für den Europäischen Markt abgeholzt und zu Pellets verarbeitet und in den hiesigen Kraftwerken verbrannt werden.
Die Zerstörung des Ökosystems Wald ist nicht nur eine ökologische Katastrophe, sondern auch langfristig ein ökonomisches Desaster: Der Handel mit illegalem Holz blüht. Die gemeldete Nutzung von Waldbiomasse in der EU ist höher als die gemeldeten Quellen des Holzes. Das ist ein unverkennbarer Hinweis, dass etwa 20 Prozent des in der EU verbrannten Holzes aus unbekannten Quellen stammt. Die billigste und effektivste Lösung für das Klima wäre es, die Wälder älter werden zu lassen und die Holzernte weitgehend zu reduzieren. Naturwälder, die altern dürfen, sind eine fantastische Kohlenstoffsenke.
Im Rahmen der aktuellen Verhandlungen zur Revision der Richtlinie zu den Erneuerbaren Energien (RED) wollen wir diesem klimapolitischen non-sense ein Ende setzen! Die EU-Staaten können und sollten – angesichts belegter Schäden für Klima und Biodiversität – auf die Förderung der Biomasse-Verbrennung verzichten und stattdessen erneuerbare Energien wie Wind und Sonne, sowie Maßnahmen zur Energieeffizienz und -einsparung subventionieren.
Das Prinzip der Kaskadennutzung muss die oberste Richtschnur sein
Die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Holz sind fantastisch und das Verbrennen am Anfang der Kreislaufwirtschaft nicht nur ein großer Frevel, sondern auch umwelt- und klimapolitisch eine Katastrophe. Wenn wir glauben, wir könnten sowohl unsere gesamte Ökonomie als auch den Energiebedarf mit Holz decken, dann sind wir nicht mehr weit von den Zuständen im Mittelalter entfernt, als Wälder großflächig niedergemetzelt wurden. Deshalb muss die RED mit der bereits veröffentlichten EU-Forststrategie und EU-Biodiversitätsstrategie in Einklang gebracht werden: Die Waldstrategie beinhaltet bereits das Prinzip der Kaskadennutzung für die Verwendung von Holz. Auch die EU-Biodiversitätsstrategie bekräftigt, dass „die Verwendung ganzer Bäume sowie von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen, unabhängig davon, ob sie in der EU erzeugt oder importiert werden, für die Energieerzeugung minimiert werden sollte“.
Gleichzeitig ist es höchste Zeit für ein Umdenken in der Forstwirtschaft: Um unsere verbliebenen Wälder zu schützen brauchen wir verbindliche Kriterien für nachhaltige Forstwirtschaft und ein europaweites Verbot von Kahlschlägen! Mit der Veröffentlichung der aktuellen EU-Waldstrategie erkennt die EU-Kommission an, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht und verspricht sich in den kommenden Jahren diesen Herausforderungen anzunehmen. Wir brauchen dringend gesunde Wälder: Als CO2-Senke, als Lebensraum, zur Erholung, als Wasser- und Luftfilter.
Das ist nicht nur (überlebens-)wichtig für uns und unsere Wälder in Europa, sondern auch bedeutungsvoll, wenn wir unsere Glaubwürdigkeit im Kampf gegen die weltweite Entwaldung nicht verspielen wollen.