Die Diskussionen zum Thema Wald und Forstwirtschaft können sich nicht allein um die wirtschaftliche Verwendung von Wäldern drehen, sondern müssen auch der ökologischen und klimatischen Bedeutung von Waldökosystemen gerecht werden. Deshalb ist es absolut richtig, dass am heutigen Mittwoch nun auch die EU-Umweltminister*innen die EU Forststrategie 2030 und Lösungen zum Schutz unserer Wälder diskutieren.
Die grüne Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg, studierte Forstwissenschaftlerin und Mitglied im Landwirtschaftsausschuss im Europäischen Parlament fordert die EU-Umweltminister*innen auf, sich aktiv in die Debatte einzubringen:
„Die EU muss dringend mehr Verantwortung für den Umbau unserer Wälder hin zu resilienteren, artenreicheren, klimafitte Wäldern übernehmen. Denn nur artenreiche funktionierende Waldökosysteme können dauerhaft viel CO2 binden und bringen gesunde Bäume hervor. Die Waldwirtschaft der Zukunft muss deshalb mit dem EU Green Deal und der EU-Biodiversitätsstrategie in Einklang stehen.
Von den EU-Umweltminister*innen erwarte ich, dass sie standhaft die EU-Kommission in ihrem Vorhaben unterstützen, verbindliche EU-Rechtsvorschriften zum Waldmonitoring sowie verbindliche Kriterien für die nachhaltige Waldbewirtschaftung und für die Zertifizierung der naturnahen Forstwirtschaft zu entwickeln. Auch der Schutz der verbleibenden Primär- und Altwälder in der EU muss dringend gestärkt und garantiert werden!“
An die EU-Landwirtschaftsminister appelliert Anna Deparnay-Grunenberg weiter:
„Im Kompetenzgerangel zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten darf der Wald nicht unter die Räder geraten! Nur wenn wir es schaffen, gesunde Wälder langfristig zu erhalten, finden wir ein Gleichgewicht zwischen der ökologischen, der sozialen und der wirtschaftlichen Bedeutung des Forstsektors. Ein ‚Weiter-so‘ schadet allen – auch der Forstwirtschaft und der Holzindustrie.
Wenn wir auch in Zukunft brauchbares Holz aus Wäldern entnehmen wollen, dann müssen wir heute die Bedingungen dafür schaffen, dass diese Wälder klug und wirklich nachhaltig bewirtschaftet werden. Um das zu erreichen, benötigen wir klare, rechtsverbindliche Kriterien für eine nachhaltige Forstwirtschaft (Sustainable Forest Management, SFM), eine gut durchdachte Zertifizierung von naturnaher Forstwirtschaft und einen Stopp von zerstörerischen Kahlschlägen.“
Hintergrund:
Im Juli stellte die Europäische Kommission die neue EU-Waldstrategie vor, welche die Leitlinien der Waldbewirtschaftung bis 2030 festlegen soll. Nachdem bereits Mitte Juni ein sehr progressiver erster Entwurf durchgesickert war, gelang es der konservativen Forstwirtschafts-Lobby auf den letzten Metern den Text an den entscheidenden Stellen zu verwässern (Endfassung). Doch selbst diesen Minimalschutz für die Europäischen Wälder greifen nun die deutsche Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und ihre österreichische Kollegin Elisabeth Köstinger (ÖVP), an.
Umwelt- und Naturschützer insbesondere auf eine gemeinsame europäische Definition der nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Dieser Begriff wird von allen Europäischen Länder und Akteuren trotz unterschiedlicher Bewirtschaftungsstrategien verwendet und alle beziehen sich auf die Helsinki-Resolution, die allgemeine Richtlinie für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung in Europa definiert. Diese Entschließung stellt jedoch nur eine Richtlinie dar, die so weit gefasst ist, dass die Umsetzung von Land zu Land sehr unterschiedlich ist.
Zum Beispiel schreibt Schweden, dass große Kahlschläge nachhaltig sind, während Deutschland oder Frankreich diese Praxis nicht als nachhaltig akzeptieren. Eine gemeinsame Europäische Strategie bedeuten, die von allen Mitgliedstaaten mit klaren und verbindlichen Vorschriften umgesetzt werden müsste, könnte helfen, dass die Bedeutung der Wälder für Klima, Luft, Wasser, Lebensmittel und biologische Vielfalt gestärkt würde.