PRESSEMITTEILUNG – Straßburg, 4. Oktober 2023
Heute Vormittag hat die EU-Kommission ihre lange erwartete Fahrrad-Erklärung vorgestellt. Mit dieser Deklaration antwortet die Kommission auf die Forderungen des EU-Parlaments sowie der Mehrheit der Mitgliedsstaaten, eine europaweite Fahrradstrategie auszuarbeiten. Im Folgenden kommentieren die Bundestagsabgeordnete Swantje Michaelsen und die Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg (beide Grüne) das Papier.
Anna Deparnay-Grunenberg, MdEP und Mitglied im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments:
“Seit Jahren kämpfen wir dafür, das Fahrrad als gleichwertiges Verkehrsmittel auf europäischer Ebene anzuerkennen. Diese Erklärung bescheinigt dem Fahrrad ein riesiges Potential, um Verkehrspolitik klimafreundlich, erschwinglich und gesundheitsfördernd auszurichten. Damit erkennt die Kommission die wichtige Rolle des Fahrrads erstmals schwarz auf weiß an.
Die Deklaration bleibt aber weit hinter dem zurück, was sowohl das Parlament als auch die Mitgliedsstaaten von der Kommission erwartet haben. Statt eine Strategie mit verbindlichen Gesetzen vorzulegen, gibt es nur eine nicht-verbindliche Absichtserklärung. Diese Form von Pseudohandeln zeigt die Schizophrenie der Konservativen vor der anstehenden Europawahl: Sie erkennen das riesige Potential des Rads theoretisch an, praktisch fürchten sie, ihre Wähler mit konkreten Maßnahmen für das vermeintlich grüne Thema Fahrrad zu verschrecken. In den folgenden Verhandlungen setze ich mich dafür ein, dass unsere Forderungen für eine fahrradfreundliche Verkehrsplanung und eine konkrete Fahrradindustriepolitik ernst genommen werden.”
Swantje Michaelsen, MdB und Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags:
"Europaweit machen Städte Schlagzeilen mit ihrer neuen Radinfrastruktur. Denn Fahrradfahren boomt sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Trotz allem ringen wir in Deutschland um Verbesserungen für den Radverkehr. Verbindliche Vorschläge aus Europa sind ein wichtiger Rückenwind für eine starke Radverkehrspolitik im Bund und vor Ort."
Fakten
Was ist passiert?
· Auf Druck der Grünen hat das EU Parlament am 16. Februar 2023 eine Radresolution verabschiedet. Forderungen waren unter anderem, eine europäische Radstrategie mit entsprechenden Gesetzen zu verabschieden sowie 2024 als europäisches Jahr des Fahrrads auszuweisen https://anna.deparnay-grunenberg.eu/mobilitaet/europa-schenkt-dem-fahrrad-endlich-anerkennung/
· Die Mehrheit der Mitgliedsstaaten einigte sich auf sehr ähnliche Forderungen. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) unterstützte dies nicht https://anna.deparnay-grunenberg.eu/mobilitaet/eurobike-fahrraddeklaration/
Was steht in der Raddeklaration?
· Mit ihrer Fahrrad-Deklaration https://transport.ec.europa.eu/news-events/news/european-declaration-cycling-2023-10-04_en benennt die EU-Kommission klar die wichtige Rolle des Fahrrads für die Verkehrswende sowie den Klimaschutz und setzt die Leitlinien für zukünftige EU-Maßnahmen zum Fahrrad
· Im Entwurf der Kommission bekennt sich die EU zu allen von Parlament & Mitgliedsländern geforderten Themen: Governance (= das Fahrrad stärker bei Gesetzen und politischen Entscheidungen auf allen Ebenen mitdenken), Inklusion, sichere Fahrradwege und Infrastruktur, Investitionen, die Radindustrie als lokaler Jobmotor, Multimodalität und Fahrradtourismus, besseres Sammeln und Teilen von Daten zum Fahrradsektor. Außerdem empfiehlt sie Mitgliedsländern, die Mehrwertsteuer auf den Verkauf, Verleih und Reparatur von Fahrrädern zu reduzieren
Was passiert jetzt?
· Der vorliegende Text für die europäische Fahrrad-Erklärung ist noch ein Entwurf. Dieser muss vom Parlament und den Mitgliedsländern angenommen werden.
· Die Entscheidung steht noch aus, ob es vor der gemeinsamen Verabschiedung noch Verhandlungen geben wird oder nicht.
Ein paar Zahlen zum Fahrrad
· 2022 wurden in der EU 14,7 Millionen Fahrräder produziert, fast dreißig Prozent mehr als 2012
· Nur neun Prozent der EU-Bürger*innen nutzen das Rad als Hauptverkehrsmittel.
· 50 Prozent der mit dem PKW gefahrenen Strecken sind kürzer als fünf Kilometer. Auf diesen Strecken sind Fahrräder durchschnittlich schneller als Autos
· Pro-Kopf-Investition in Fahrradinfrastruktur unterscheiden sich auf europäischer Ebene enorm.
o Deutschland: weniger als fünf Euro pro Jahr
o Niederlande (Utrecht): 130 Euro pro Jahr
· Regelmäßiges Radfahren erhöht die Lebenserwartung um drei bis 14 Monate
· Radfahren spart Fläche, erzeugt keinen Feinstaub, macht keinen Lärm