Staatshilfen für Fluggesellschaften sind in aller Munde. Die Hilfen müssen an ökologische und soziale Bedingungen geknüpft werden. Ebenso darf deren Liquidität nicht auf dem Rücken der Kunden gesichert werden, indem diese mit Zwangsgutscheinen beglückt werden und ihnen die zustehende Erstattung für stornierte Flüge vorenthalten wird.
Wir alle kennen die Bilder von leeren Flughäfen aus den Medien und man braucht nur einen Blick in den Himmel zu werfen, um zu erkennen, die Flugbranche befindet sich in einer einmaligen Krise. Die Mitgliedsstaaten sind dabei in Milliardenhöhe Hilfspakte zu schnüren. Die Kommission, die diese Pakete genehmigen muss, winken diese Pakete bisher durch.
Ich spreche mich vehement dafür aus, die Staatsbeihilfen an Fluggesellschaften an Bedingungen zu knüpfen.
Die Krise entbindet die Fluggesellschaften nicht von ihrer ökologischen und sozialen Verantwortung! Bisher haben Fluggesellschaften es erfolgreich vermieden, einen gerechten Anteil im Kampf gegen den Klimawandel beizusteuern. Es passt ins Bild, dass sie sich auch jetzt um bedingungslose staatliche Beihilfen bemühen, um zu einer Strategie des endlosen Wachstums und der Expansion zurückkehren zu können. Bei diesen Summen ist ein Mitspracherecht vom Staat angebracht.
Die Besteuerung von Kerosin und die Aussetzung von Dividenden- und Bonuszahlungen müssen bspw. garantiert werden. Diese und weitere Forderungen habe ich mit meinen Grünen Kollegen*innen im Verkehrsausschuss in einem Brief an die Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen adressiert. In Anbetracht der Milliardenhilfen durch die öffentliche Hand ist die Umsetzung dieser Forderungen unabdingbar. Sie wären ein erster Schritt, um die Pariser Klimaschutzziele auch in der Flugbranche zu erreichen.
Die Kommission darf sich nicht auf eine Zuschauerrolle beschränken. Es darf kein Zurück zu einem „Business as usual“ geben.
Im sozialen und ökologischen Sinne muss sich die Kommission aktiv bei der Zukunftsausrichtung der Flugbranche einbringen. Aktuell überlässt sie es in ersten Linien den Mitgliedsstaaten Bedingungen zu setzen. Diese sind oft schwach. Darüber hinaus entsteht in Europa auch ein Flickenteppich von unterschiedlichen Vorgehensweisen.
Dass es besser geht, zeigt die Kommission bisher in Sachen Fluggastrechte. Die deutsche Bundesregierung macht derzeit mit anderen Mitgliedsländern Druck auf die Kommission, eine zeitlich befristete Aussetzung der Erstattungsregelungen bei Flugtickets zugunsten von Gutscheinen bei der Kommission zu erlauben. Mehrmals stellte die Kommission die Unvereinbarkeit einer verpflichtenden Gutscheinregelung mit den geltenden Fluggastrechten fest. Die Rechtslage ist klar: Im Rahmen der Pauschalreise-Richtlinie haben Verbraucher*innen Anspruch darauf, dass die Vorauszahlungen für ausgefallene Reisen binnen vierzehn Tagen zurückerstattet werden. Die Fluggastrechte-Verordnung sieht sogar eine Entschädigung nach bereits sieben Tagen vor, wenn die Fluggesellschaft den Flug storniert.
Gleichzeitig stellt die derzeitige Coronakrise für die Reisebranche eine extreme Ausnahmesituation dar, bei der es für die meisten Unternehmen um nicht weniger als ihre Existenz geht.
Sie können die hohen Erstattungen für die umfassenden Ausfälle schlicht nicht zahlen, während Einnahmen komplett ausbleiben und eine Erholung des Reisemarktes noch nicht absehbar ist. Die Tourismusbranche braucht in dieser Situation Hilfe, um das Überleben von Unternehmen, die Arbeitsplätze der Beschäftigten und überhaupt Strukturen für einen Tourismus nach Corona zu erhalten. Die Hilfe für die Reisebranche darf aber nicht von den Verbraucher*innen erzwungen werden.
Hier ist jetzt vor allem die Bundesregierung am Zug. Aus Versäumnissen der Vergangenheit wie der Thomas-Cook-Pleite wurde offensichtlich nicht gelernt. Wenige Monate nachdem die mangelnde Insolvenzsicherung im Fall Thomas Cook dem Image der Pauschalreise schon einige Kratzer verpasst hat, wäre es fatal, nochmal ein Zeichen zu senden, dass Kundengelder bei der Pauschalreise keineswegs sicher sind.
Eine bessere Lösung wäre ein Fonds, der mit einem langfristigen staatlichen Darlehen ausgestattet wird und die Rückerstattungen an die Kund*innen übernimmt.
Dieser Fonds kann nach Ende der Coronakrise die Funktion der Pausschalreise-Insolvenzabsicherung übernehmen, da diese nach der Thomas-Cook-Pleite sowieso noch neu geregelt werden muss. Darlehen, die der Fonds für die Corona-Krise aufnehmen muss, können dann langfristig durch Beiträge, die pro verkaufter Reise fällig werden, zurückgezahlt werden. Ein solches Modell wurde von einigen Verbänden aus der Reisebranche und von Verbraucherzentralen vorgeschlagen und wird so ähnlich auch in Dänemark schon praktiziert. Das auch der Bund willens und in der Lage ist, Darlehen in der erforderlichen Größenordnung bereitzustellen, zeigt die Kreditzusage in Höhe von 1,8 Milliarden Euro an die TUI.
Es braucht jetzt umso dringender eine für alle Beteiligten, sowohl aus der Branche als auch auf Verbraucher*innenseite, tragbare Antwort.
Meine Pressemitteilung „Staatshilfen an Airlines müssen an ökologische Bedingungen geknüpft sein – Business as ususal ist keine Option“ vom 06.05.2020
Artikel „Ich habe keinen Gutschein gekauft und möchte auch keinen“ in der „Welt“ vom 05.04.2020
Artikel „EU leitet rechtliche Schritte gegen nationale Gutscheinlösung ein“ von „airliners.de vom 13.05.2020
Quelle:
*https://elib.dlr.de/59761/1/lee.pdf