Pressemitteilung Straßburg, den 27. Februar 2024
Gerade hat das EU-Parlament den hart erkämpften Kompromiss für ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur abgesegnet. Damit tritt bald das erste EU-Naturschutzgesetz seit der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie von 1992 in Kraft. Dazu kommentiert die EU-Abgeordnete und Forstwissenschaftlerin Anna Deparnay-Grunenberg (Grüne/EFA):
„Es ist erfreulich, dass wir wenigstens diese abgeschwächte Variante des Gesetzes durchbekommen haben. Lieber Green Deal Light als gar keinen Green Deal! Für den Wald hätte ich mir allerdings noch deutlich bessere Ergebnisse gewünscht. Die Chance, eine Waldwende einzuleiten sowie die angeschlagenen Wälder zu renaturieren und nachhaltig zu bewirtschaften, haben wir leider verpasst.
Zwar regelt das Gesetz, was Renaturierung im Wald in der Praxis bedeutet, und setzt klare, messbare Ziele. Berücksichtigt werden zum Beispiel die Anzahl der Waldvogelarten und die Baumartenvielfalt. Es bestimmt auch, dass im großen Stil aufgeforstet werden soll. Doch trotz all der neuen Bäume geht es letztlich am Wald vorbei.
Eine zentrale Frage bleibt nämlich ungeklärt: Wer soll das alles bezahlen? Um die große Aufgabe der Wiederherstellung der Natur gemeinsam zu meistern, bräuchte es unbedingt einen Fonds, auf den Waldbesitzende bei der Renaturierung im Wald setzen könnten. Leider ist jetzt schon klar, dass dieses Gesetz Waldbesitzende sonst nicht davon abhalten wird, zerstörerische Waldwirtschaft weiterhin flächendeckend zu praktizieren. Großflächige Kahlschläge und die Degradation von Urwäldern zu Plantagen bleiben somit Alltag in vielen Ländern der EU.
Wir brauchen dringend Mittel und weitere Gesetze wie das Forest Monitoring Law, um Fortschritte überhaupt verbindlich messen zu können. Auch die Waldwirtschaft ist auf eine funktionierende Natur angewiesen. Ich bin überzeugt, dass sich eine solche Anstrengung letztlich auch finanziell auszahlen wird."
Fakten/Hintergrund
· Der Vorschlag für ein Nature Restoration Law, zu Deutsch Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, stammt aus dem Juni 2022. Es enthält als übergreifendes verbindliches EU-Ziel, 20 Prozent der Land- und Meeresfläche bis 2030 wieder in einen ökologisch guten Zustand zu bringen. Es enthält zudem spezifische Verpflichtungen zur Renaturierung von landwirtschaftlichen Flächen, Mooren und Waldökosystemen.
· Nach dem neuen Gesetz muss in den betroffenen Gebieten ein positiver Trend bei der Anzahl der Waldvogelarten und weiteren wählbaren Indikatoren, wie Baumartendiversität, Waldvernetzung oder Totholz nachgewiesen werden. Zudem sollen in ganz Europa drei Milliarden zusätzliche Bäume gepflanzt werden.
· Mit dem Gesetz bleibt die EU hinter der eigenen Ambition zurück. So hat sie sich bei der Weltnaturkonferenz in Montreal vor einem Jahr noch dafür gefeiert, statt 20 Prozent sogar 30 Prozent schützen zu wollen.
· Schutzgebiete machen derzeit 26 Prozent der Land- und zwölf Prozent der Meeresfläche der EU aus. Laut EU-Umweltagentur befinden sich in der Union derzeit 81 Prozent der geschützten Lebensräume, 39 Prozent der geschützten Vögel und 63 Prozent der anderen geschützten Arten in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand. https://www.eea.europa.eu/publications/importance-of-restoring-nature/the-importance-of-restoring-nature
· Der erste Entwurf für das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur stammte von der Kommission. Angetrieben von den Konservativen befürworteten dann alle drei Ausschüsse, die sich mit dem Gesetzesentwurf befassten, ihn gänzlich zu kassieren. Insofern war es überraschend, dass am 12. Juli 2023 es im EU-Parlament eine Mehrheit für ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gab, so dass ein Triolog zustande kam.
· Wie Renaturierung im Wald aussehen kann, habe ich mir vergangenen Sommer in Schweden angeschaut: https://www.youtube.com/watch?v=eWtaBVx4uug